Bifokale Lamellenoptiken ermöglichen in horizontaler Lamellenlage ambivalente Funktionen zur Lichtein- und Lichtauslenkung in Abhängigkeit von Sonneneinfallswinkeln. Dabei sind g-Werte (Sonnenschutz) und T-Werte (Tageslichtausleuchtung) unter Berücksichtigung von Heiz- und Kühlperioden ins Verhältnis zu setzen.

Bifokale Lamellenoptiken ermöglichen in horizontaler Lamellenlage ambivalente Funktionen zur Lichtein- und Lichtauslenkung in Abhängigkeit von Sonneneinfallswinkeln. Dabei sind g-Werte (Sonnenschutz) und T-Werte (Tageslichtausleuchtung) unter Berücksichtigung von Heiz- und Kühlperioden ins Verhältnis zu setzen. (Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster)

Schutzeffekt von Spiegeloptiken bei innenliegenden Jalousielamellen

Spiegeloptiken von innenliegenden Jalousielamellen ermöglichen in Kombination mit speziellen Sonnenschutzverglasungen Gges-Werte von nur fünf Prozent, sogar bei offenem Behang und mit horizontaler Lamellenanstellung.

Tageslichtlenksysteme machen mithilfe von Präzisionsspiegeln eine indirekte Tageslichtverteilung und eine wesentliche Verbesserung der Raumausleuchtung möglich. Eine Überbelichtung und Überhitzung bei Sonnenschein wird mittels bifokaler Optiken durch anteilige Sonnenlichtauslenkung vermieden. Mittels neuartiger von Dr.-Ing. Helmut Köster (Köster Lichtplanung, Frankfurt a.M.) entwickelter Spiegeloptiken wird eine verbesserte Schutzfunktion vor Überhitzung bei gleichzeitiger Versorgung mit natürlichem Tageslicht erreicht.

Dadurch lässt sich laut Dr. Köster eine Gesamtenergieeinsparung von verglasten Gebäuden von bis zu 30 Prozent erzielen. Die Spiegellamellen mit einem Gesamtreflexionsgrad von bis zu 96 Prozent weisen nur vier Prozent Absorption auf. Die innovativen Lamellensysteme sind im Stande, durch das Fenster eingedrungene Sonnenstrahlung wieder nach außen zurück zu reflektieren, so dass sich der Innenraum nicht aufheizt. Der außenliegende Sonnenschutz, so eine gängige Argumentation, schützt am besten vor Überhitzung, weil die Wärme draußen bleibt.

Wärmestau führt zu einer Aufheizung

Die RetroLux 20mm Jalousie der Firma RetroSolar bietet eine sehr gute Durchsicht bei aktivem Sonnenschutz. Foto: © Dr.-Ing. Helmut KösterDie RetroLux 20mm Jalousie der Firma RetroSolar bietet eine sehr gute Durchsicht bei aktivem Sonnenschutz. Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster

Das stimmt, laut Helmut Köster, der nach eigenen Angaben weltweit die Umsetzung von rund 600.000 m² Lichtlenkung in Glasdächern und Fassaden begleitet hat, jedoch nur solange die Fenster geschlossen bleiben. Werden im Sommer die Fenster zu Lüftungszwecken geöffnet, ströme die Wärme, die sich in der Laibung zwischen Sonnenschutz und Fenster staue, aufgrund von Konvektion durch angekippte Fenster nach innen.

Aber auch ohne die Fenster anzukippen, führe der Wärmestau zu einer Aufheizung der gesamten Glaskonstruktion und damit zu einer Wärmestrahlung nach innen. "Die Scheibentemperaturen übersteigen die Raumtemperaturen", erklärt der Tagelichtlenkungs-Spezialist.

Frage nach Alternativen

Somit stelle sich die Frage nach Alternativen. Seine Lösung ist, die Sonnenstrahlen mittels Spiegeloptiken zu reflektieren und so Räume vor Aufheizung zu schützen und dennoch in die Tiefe effizient auszuleuchten. Am Markt finde die Tageslichtlenkung mittels präziser Spiegeloptiken zunehmend eine größere Bedeutung zur Verbesserung der Tageslichtautonomie und/oder zur Lichtauslenkung zum Schutz vor Überhitzung, so Köster.

Unterschieden wird dabei zwischen monofokalen Optiken (primär Lichtlenkung nach außen) und bifokalen Optiken (Lichtumlenkung nach außen und/oder nach innen). Die Optiken werden in Spiegellamellen entweder eingeprägt, zum Beipiel in Art einer Mikrostruktur, oder die Lamellen werden in einer Makrostruktur profilartig ausgeformt.

Bekannt sind die Fresneloptiken Retro- Flex der Firma RetroSolar, die einer konkav/ konvex Lamelle eingeprägt werden und von außen auftreffendes Licht nach außen zurück reflektieren. Der Vorteil der Fresneloptik ist die Offenheit der Behänge. Die Lamellen stehen horizontal und reflektieren die auf sie eindringende Sonne zurück nach außen – im Idealfall, ohne die Sonnenstrahlung in Wärme zu wandeln. Die Durchsicht und der diffuse Tageslichteintrag bleiben erhalten.

Messungen bestätigen Effizienz

Innenseitige Fensterflügelmontage der RetroLux 20 mm Jalousie. Foto: © Dr.-Ing. Helmut KösterInnenseitige Fensterflügelmontage der RetroLux 20 mm Jalousie. Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster

Die Leistungsfähigkeit der Optiken lässt sich rechnerisch sowie messtechnisch nachweisen. Das ZAE Bayern hat an seinem Standort in Würzburg Messungen an dem System RetroLux 20mm mit einem Außenprüfstand durchgeführt. Dabei wurde ein geeignetes Sonnenschutzglas gewählt, das sich durch eine hohe Lichtdurchlässigkeit und damit durch eine geringe Aufheizung auszeichnete.

Die Sonnenschutzschichten befanden sich auf Position 1. Die Scheiben waren in "extra clear", also ohne Farbeffekte ausgeführt. Das Ergebnis der Messung: Der g-Wert wurde für 60° Sonneneinfall für ein Glas mit gglas= 0,28 auf gges= 0,05 in offener Lamellenlage der Jalousie abgemindert. Somit ergab sich ein Fc- Wert von 0,18. Im geschlossenen Zustand verminderte sich der gges-Wert weiter auf 0,04. Die Messungen zeigten, dass durch den Einsatz der Spiegellamelle ein äußerst geringer g-Wert erreicht wird. Neben der Verglasung selbst kommt es insbesondere auf das optische System an.

Die hohe Sommersonne (Einfallswinkel 60°) wird mit einer einzigen Reflexion (Monoreflektivität) in den Außenraum zurückreflektiert. Da die Glasscheiben nahezu farbfrei sind und die solare Einstrahlung durch die Außenscheibe überwiegend zurückreflektiert wird, heizt die Innenscheibe wenig auf, so dass qi (sekundäre Wärmeabgabe nach innen) ebenfalls sehr gering ist.

Anwendungsbeispiel

Im Toro1, einem Verwaltungsgebäude in Zürich aus dem Jahre 1995/97, wurde eine zweischalige, nicht hinterlüftete Fassade durch den Einbau der RetroLux 20mm Jalousie der Firma RetroSolar im Jahr 2020/21 saniert. Insgesamt wurden 2.300 Jalousien in 10.000 m² Fassade verbaut. Zum Einsatz kamen 24V Maxon-Motoren, die bis fünf Quadratmeter große Jalousien auf- und abfahren. Im Ergebnis konnte darauf verzichtet werden, die Klimaanlage höher auszulegen.

Auf Basis seiner langjährigen Erfahrung in der Entwicklung und Planung von Tageslichtsystemen und bestätigender Messungen erklärt Dr.-Ing. Helmut Köster: "Mittels eines lichttechnisch optimierten Behangs auf der Innenseite eines Fensterflügels ergibt sich ein hochwirksamer Sonnenschutz. Im Vergleich zum Stand der Technik für innenliegende Systeme mit einem Fc=0,8 wird mittels der Spiegeloptik ein Fc-Wert von deutlich kleiner 0,2 realisiert. Der geringe gges-Wert von 0,05 ist einem außenliegenden Sonnenschutz nicht nur gleichwertig, sondern als deutlich besser zu bewerten, da die Fenster angekippt werden können, ohne den Innenraum mit Stauwärme zu belasten."

Die sehr gute Durchsicht und die gleichzeitig vorhandene Tageslichtausleuchtung sei ein weiterer deutlicher Komfortfaktor und reduziere den Energieverbrauch für die elektrische Beleuchtung. Für eine Messung nach DIN bei geschlossenem Behang und senkrechter Bestrahlung des Fensters ergebe sich ein g-Wert von 0,04. Nur vier Prozent der anfallenden Sonnenenergie dringt in den Innenraum ein.


Weitere Informationen (1): www.koester-lichtplanung.de
www.retrosolar.net


Weitere Informationen (2): Den bebilderten Fachartikel als PDF-Datei herunterladen: Schutzeffekt von Spiegeloptiken bei innenliegenden Jalousielamellen

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