Abb. 1 u. 2: Optische Wärmeregelung mittels bifokaler Lichtlenksysteme mit Lichtein- und Lichtauslenkfunktion...

Abb. 1 u. 2: Optische Wärmeregelung mittels bifokaler Lichtlenksysteme mit Lichtein- und Lichtauslenkfunktion... (Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster „Tageslichttechnik“)

Reflexion plus Lichtlenkung

Tageslichtsysteme, bei denen innenliegende Jalousielamellen mit Spiegeloptiken versehen sind, reflektieren bei voller Durchsicht in die Umwelt störende Sonnenstrahlen und lenken natürliches Tageslicht in den Raum.

Damit ermöglichen sie in Kombination mit speziellen Sonnenschutzverglasungen Gges-Werte von nur fünf Prozent.

Die Tageslichttechnik ist ein interdisziplinäres Fachgebiet zwischen Bauphysik und Lichttechnik und erzielt mittels neuartiger Spiegeloptiken eine verbesserte Schutzfunktion vor Überhitzung bei gleichzeitiger Versorgung der Innenräume mit natürlichem Tageslicht. Dadurch wird eine Gesamtenergieeinsparung von verglasten Gebäuden um bis zu 30 Prozent ermöglicht.

Speziell entwickelte Tageslichtlenksysteme sichern mit Hilfe von Präzisionsspiegeln eine indirekte Tageslichtverteilung und eine wesentliche Verbesserung der Raumausleuchtung. Eine Überbelichtung und Überhitzung kann bei Sonnenschein mittels bifokaler Optiken durch anteilige Sonnenlichtauslenkung vermieden werden.

Anforderungen der DIN

Bisher war es zulässig, nach DIN 5034 die Fenstergrößen im Verhältnis zur Raumgröße zu optimieren. Seit März 2019 ist die DIN EN 17037 in Kraft getreten. Sie ersetzt die bisherige Dimensionierung der Fenster durch Mindestbeleuchtungsstärken im Innenraum. Dies führt teilweise zu einer Verdopplung der Fenstergrößen. Berechnungen der Tageslichtkoeffizienten ohne Lichtumlenkung weisen eine überbelichtete Fensterzone und eine mangelhafte Raumtiefenausleuchtung auf.

Die DIN EN 17037 versäumt, die Maximal- und Minimalwerte der Beleuchtungsstärken in ein Verhältnis zu setzen. Die Möglichkeit, durch Lichtlenksysteme die Gleichmäßigkeit der Tageslichtausleuchtung zu verbessern, ist in der Normung bislang unbeachtet. Bestehende Normen und Richtlinien zur Tageslichtbeleuchtung beschränken sich auf Zeiten mit diffusem Himmelslicht und vernachlässigen die Zeitpunkte der Besonnung unter Beachtung der Sonnenschutzsysteme. Verfahren für eine Jahressimulation unter Berücksichtigung der Sonnenstände sind ein erforderlicher nächster Schritt bei der Normung.

...in Abhängigkeit von Sonneneinfallswinkeln in horizontaler Lamellenlage. Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster „Tageslichttechnik“...in Abhängigkeit von Sonneneinfallswinkeln in horizontaler Lamellenlage. Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster „Tageslichttechnik“

Als Nachweisverfahren zu Beleuchtungsstärken kann eine Berechnung mittels der Tageslichtquotienten herangezogen werden. Die BDTF- oder OLDS-Daten (bidirektionale Lichtverteilungsfunktionen Abb. 5) von Lichtlenksystemen ermöglichen eine sehr genaue Ermittlung der Tageslichtquotienten für verschiedene Sonnenstände/Jahreszeiten. Die DIN EN 17037 spricht verstärkt auch die Themen Aussicht, Besonnung und Blendung an: Für die Sichtverbindung nach außen liefert die Norm Qualitätsanforderungen (z.B. Blick auf die Straßenebene oder in den Himmel), bislang ohne die gleichzeitige Durchsichtigkeit der Beschattungssysteme in Prozent zu bewerten.

Das Thema „Blendung” wird ebenfalls nur als ein zulässiger Wahrscheinlichkeitszeitwert von fünf Prozent der Nutzungszeit als zulässige Störungsquelle definiert, ohne die Blendungs- art zu definieren. Auch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) vernachlässigt in ihrem Punktesystem die Tageslichtautonomie zum Zeitpunkt aktiven Sonnenschutzes.

Den Zusammenhang zwischen Lichteintrag und Energieeintrag/g- Wert-Optimierung nachzuweisen, ist eine wünschenswerte zukünftige Anforderung an die DIN und muss seinen Niederschlag in den Zertifizierungssystemen, aber auch in der Förderung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) finden, sodass ein Sonnenschutz, der die Räume zwar verdunkelt, jedoch Energie für zusätzliches Kunstlicht verbraucht, hinterfragt wird.

LICHT- UND ENERGIEBALANCE MITTELS BIFOKALER LAMELLEN

Abb. 3: Schutzfunktion: Das zum Sonneneinfall gelegene v-förmige Teilstück dient als RetroReflektor. Dieses System wird primär im unteren Fensterbereich eingesetzt und schützt vor Überhitzung gegenüber der hohen Sommersonne. Die flache Sonne wird blendfrei steil an die Decke umgelenkt. Abb. 4: Zenitlichtgewinnung: RetroLuxTherm 12 mm wurde auch für die Zenitlichtgewinnung entwickelt. Die 12 mm-Lamellen werden in einer Höhe von größer 1,80 m und kleiner als 2,20 m in einer Revers-Lage eingebaut und gewährleisten damit - trotz sommerlicher Beschattung – eine gleichzeitige Tageslichtausbeute in großer Raumtiefe, ohne die Fensterzone zu überhitzen. Abb. 5: Lichtverteilung zum Innenraum durch einen RetroLux-Behang.

KfW Förderung für Sonnenschutz

Die KfW hat jede Art von Sonnenschutz ohne Unterscheidung des tatsächlichen Energiesparpotentials gefördert. Vor diesem Hintergrund sollen punktgenaue Vorschläge für eine Förderung gegeben werden.

Die Tageslichttechnik bietet neben der Schutzfunktion vor Überhitzung auch Optionen einer besseren Tageslichtversorgung zur Einsparung künstlicher Beleuchtung. Hier schließt sich die Frage an, welche Art von Blendung infolge Sonnenlichteintrag auftritt und wann und wodurch es zum Risiko einer Überhitzung kommt.

Schutz vor Blendung

Abb. 6: Die Grafik zeigt, wie mit RetroLuxTherm 12 mm-Lamellen bei entsprechender Zonierung eine sommerliche Beschattung und gleichzeitig eine Tageslichtausbeute in großer Raumtiefe erzielt werden kann. Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster „Tageslichttechnik“Abb. 6: Die Grafik zeigt, wie mit RetroLuxTherm 12 mm-Lamellen bei entsprechender Zonierung eine sommerliche Beschattung und gleichzeitig eine Tageslichtausbeute in großer Raumtiefe erzielt werden kann. Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster „Tageslichttechnik“


Es gibt primär drei Arten von Blendung: Direktblendung (Sonne fällt in das Auge des Betrachters), Reflexblendung (störende Reflexe und Spiegelungen auf glänzenden Oberflächen, z.B. Bildschirmen) und Hintergrund- oder Kontrastblendung (dunkler Bildschirm vor heller, weißer, sonnenbestrahlter Wand). All diese Blendungen sind mittels bekannter Sonnenschutzmaßnahmen leicht zu beherrschen.

Schwieriger in den Griff zu bekommen ist die Reflexblendung in den Glasscheiben bei weißem, transparentem Sonnenschutz von innenliegenden weißen Jalousielamellen. Jeder kennt das Problem der Blendung an Glasoberflächen aus dem Auto: Ein weißes Blatt Papier auf dem Amaturenbrett behindert die Durchsicht. Das gleiche Problem tritt beim weißen, innenliegenden Sonnenschutz auf. Hierzu später mehr.

Schutz vor Überhitzung


Die sommerliche Überhitzung kann drei Ursachen haben:
- zu hohe Innenraumtemperatur infolge Sonneneinstrahlung,
- störende Wärmestrahlung aus den Glasfassaden infolge Aufheizung der Innenscheiben,
- zu hohe interne Lasten (z.B. infolge zugeschalteter elektrischer Beleuchtung wegen geschlossenem und abgefahrenem Sonnenschutz, der den Innenraum verdunkelt).

Der außenliegende Sonnenschutz – so wird landläufig behauptet – schützt am besten vor Überhitzung, weil die Wärme draußen bleibt. Das stimmt – jedoch nur solange die Fenster geschlossen bleiben. Werden im Sommer die Fenster zu Lüftungszwecken geöffnet, fließt die Wärme, die sich in der Laibung zwischen Sonnenschutz und Fenster staut, aufgrund von Konvektion durch angekippte Fenster nach innen ab.

Aber auch ohne das Kippen der Fenster führt der Wärmestau zu einer Aufheizung der gesamten Glaskonstruktion und damit zu einer Wärmestrahlung nach innen. Die Temperaturstrahlung aus der Fassade übersteigt die Raumtemperatur. Somit stellt sich die Frage nach Alternativen. Das neue Paradigma lautet „Lichtumlenkung zurück in den Himmel“ mittels Spiegeloptiken – gemeint ist die Retro-Reflexion.

Spiegeloptiken zur Licht- und Raumtiefenausleuchtung

Abb. 7: monofokal: Lichtauslenkung mit einem einzigen Fokus monoreflektiv: Lichtauslenkung mit einer einzigen Reflexion in offener Lamellenstellung mittels Fresnel’scher Reflektoranordnung der kleinen Teilflächen - Lamellenbreite von 12 - 80 mm - als Jalousie oder auch für eine fixierte Anordnung geeignet z. B. im Isolierglas. Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster „Tageslichttechnik“Abb. 7: monofokal: Lichtauslenkung mit einem einzigen Fokus monoreflektiv: Lichtauslenkung mit einer einzigen Reflexion in offener Lamellenstellung mittels Fresnel’scher Reflektoranordnung der kleinen Teilflächen - Lamellenbreite von 12 - 80 mm - als Jalousie oder auch für eine fixierte Anordnung geeignet z. B. im Isolierglas. Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster „Tageslichttechnik“

Am Markt findet die Tageslichtlenkung mittels Spiegeln, die mit präzisen Optiken zur Lichteinlenkung (Tageslichtautonomie) und/ oder zur Lichtauslenkung (Schutz vor Überhitzung) die Sonnenenergie managen, zunehmend an Bedeutung Unterschieden wird in
- monofokale Optiken (primär Lichtlenkung nach außen)
- bifokale Optiken (Lichtumlenkungnach außen und/oder nach innen)

Diese Optiken werden entweder in die Spiegellamellen eingeprägt, z.B. in Art einer Mikrostruktur, oder die Lamellen werden in einer Makrostruktur profilartig ausgeformt. Die Retro Solar Tageslichtsysteme GmbH, Kirn, hat sich auf diese Systeme spezialisiert.

Mikrostrukturlamellen


Bekannt sind Fresneloptiken, die in eine konkav-konvex Lamelle eingeprägt werden und von außen auftreffendes Licht nach außen zurück reflektieren. Der Vorteil der Fresneloptik ist die Offenheit des Behangs. Die Lamellen stehen horizontal und reflektieren die auf sie eindringende Sonne zurück nach außen – im Idealfall, ohne die Sonnenstrahlung in Wärme zu wandeln.

Exkurs zur Wellenlänge des Lichts

Das elektromagnetische Wellenspektrum umfasst alle Wellenlängen von ultravioletter Strahlung über Licht und langwellige Strahlung bis hin zu Funkwellen. Lichtstrahlung ist kurzwellig und wird bei Absorption in langwelligere Wärmestrahlung umgewandelt. Nicht spiegelnde Lamellen absorbieren das Licht und heizen sich dadurch auf. Spiegellamellen mit einem Gesamtreflexionsgrad von bis zu 96 Prozent weisen nur vier Prozent Absorption auf.

Spiegel sind damit im Stande, durch das Fenster eingedrungene Lichtstrahlung wieder nach außen zurück zu reflektieren, ohne dass eine wesentliche Aufheizung im Innenraum stattfindet. Damit entsteht die Fra- gen, was kann ein innenliegendes Spiegelsystem leisten, und welche g-Werte sind möglich?

Messungen

Abb. 8: RetroLux 20 mm Lamellen hinter Glas im Fensterflügel, Glasleistenmontage: Der g- Wert wird gemäß Messung für 60° Sonneneinfall von g = 0,28 auf g = 0,05 in offener Lamellenlage der Jalousie abgemindert. Somit ergibt sich ein Fc-Wert von 0,18. Im geschlossenen Zustand vermindert sich der g-Wert weiter auf 0,04. Anmerkung: Die g-Messwerte wurde auf gnorm-Werte korrigiert, indem die Diffusstrahlung rausgerechnet wurde. Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster „Tageslichttechnik“Abb. 8: RetroLux 20 mm Lamellen hinter Glas im Fensterflügel, Glasleistenmontage: Der g- Wert wird gemäß Messung für 60° Sonneneinfall von g = 0,28 auf g = 0,05 in offener Lamellenlage der Jalousie abgemindert. Somit ergibt sich ein Fc-Wert von 0,18. Im geschlossenen Zustand vermindert sich der g-Wert weiter auf 0,04. Anmerkung: Die g-Messwerte wurde auf gnorm-Werte korrigiert, indem die Diffusstrahlung rausgerechnet wurde. Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster „Tageslichttechnik“


Die Frage lässt sich rechnerisch und messtechnisch beantworten. Das Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE Bayern) hat Messungen an dem System RetroLux 20 mm von Retro Solar in einem Außenprüfstand durchgeführt. Im Vorfeld wurde ein geeignetes Sonnenschutzglas 60/28 gewählt, das sich durch eine hohe Lichtdurchlässigkeit und damit durch eine geringe Aufheizung auszeichnet. Die Sonnenschutzschichten befinden sich auf Position 1 (Außenseite der äußeren Isolierglasscheibe). Die Scheiben selbst sind in „extra clear“, also ohne Farbeffekte ausgeführt.

Die Messungen zeigen, dass durch den Einsatz der Spiegellamelle ein sehr geringer g-Wert erreicht wird. Neben der Verglasung selbst, kommt es auf das optische Spiegel-Lamellensystem an. Vorliegend wurde eine bifokale Lamelle Typ RetroLux 20 mm der Firma RetroSolar vermessen, die über zwei Teilstücke, einen Retroreflektor (v-förmiges erstes Lamellenteilstück) und ein angehängtes Lightshelf (Lichtbord) verfügt. Die hohe Sommersonne (Einfallswinkel 60°) wird mit einer einzigen Reflexion (Monoreflektivität) in den Außenraum zurückreflektiert.

Da die Glasscheiben weit- gehend farbfrei sind (extra clear) und die solare Einstrahlung weitgehend durch die Außenscheibe zurückreflektiert wird, heizt sich die Innenscheibe wenig auf, so dass qi (sekundäre Wärmeabgabe nach innen) sehr gering ist. Die Intelligenz des optischen Lamellensystems liegt in der präzisen Strahlenführung, die es erlaubt, den Behang im Sommer in horizontaler Lamellenstellung – also mit optimaler Durchsicht – zu belassen, so dass trotz des niedrigen g-Wertes gleichzeitig der Außenbezug (Durchsichtigkeit) gesichert ist, wie in der DIN EN17037 und DIN 14501 sowie in den Europäischen Richtlinien 89/654/ EWG und 89/391/EWG thematisiert.

Sonneneinfall

Lamellenklappwinkel

gmess

gnorm

Ɣ = 0°
0,04 ± 0,02

geschlossen

0,06 ± 0,02

0,04 ± 0,02

Ɣ = 60°
0,05 ± 0,0

offen

0,11 ± 0,02

0,05 ± 0,00

Ɣ = Gamma
Abb. 9: Der Gesamtenergiedurchlassgrad wurde mittels des Außenmessstandes des ZAE Bayern ermittelt. Die Messbox mit der eingebauten Probe wurde der Sonnenbahn im Tageslauf dem veränderten Azimut im Horizontalkreis um eine vertikale Achse nachgeführt. Der gewünschte Sonnenhöhenwinkel wurde durch ein Verkippen der Apparatur um eine horizontale Achse realisiert. Das Lamellensystem RetroLux 20 mm wurde in die Messbox eingebaut auf deren Rückseite die auftretenden Wärmeströme in einem gekühlten Absorber über mehrere Wärmeflussmesser erfasst. Zusätzlich wurden die Klimadaten (Einstrahlung, Wind, Temperatur) aufgezeichnet. Zur Ermittlung des g-Wertes wurde der Diffusanteil herausgerechnet, um einen gnorm Wert gemäß EN DIN 410 als Summe des direkten Transmissionsgrades und des sekundären Wärmeeintrags zu ermitteln. g= tnorm + qinorm

Blendfreiheit

Abb. 10: Die Messungen gelten für eine Fensterflügelmontage in einer Anordnung der RetroLux 20 mm-Jalousie hinter Glas. Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster „Tageslichttechnik“Abb. 10: Die Messungen gelten für eine Fensterflügelmontage in einer Anordnung der RetroLux 20 mm-Jalousie hinter Glas. Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster „Tageslichttechnik“


An jeder Glasscheibe findet eine Oberflächenspiegelung statt. Dies gilt insbesondere für ein Dreifach-Isolierglas mit Wärmeschutz und Sonnenschutzbeschichtung.

In der Abb. 8 ist an einzelnen Strahlen nachgewiesen, wie die Blendung am Glas beherrscht wird: Die Spiegelung erfolgt nach dem Gesetz „Einfallswinkel = Ausfallswinkel“. Das optische System fängt auf der Unterseite der oberen Lamellen die Spiegelungen ab, sodass keine störende Blendung im Innenraum entsteht.

Zusammenfassung

Abb. 11: Zweischalige, nicht hinterlüftete Fassade (closed cavity). Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster „Tageslichttechnik“Abb. 11: Zweischalige, nicht hinterlüftete Fassade (closed cavity). Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster „Tageslichttechnik“


Mittels eines lichttechnisch optimierten Be- hangs auf der Innenseite eines Fensterflügels ergibt sich ein hochwirksamer Sonnenschutz. Im Vergleich zum Stand der Technik (gemäß DIN 4108-2, Tab. 7, Fc ca. 0,75 - 0,9) wird ein Fc-Wert von deutlich kleiner 0,2 realisiert. Der geringe gges-Wert von 0,05 ist einem außenliegenden Sonnenschutz nicht nur gleichwertig, sondern als deutlich besser zu bewerten, da die Fenster angekippt werden können, ohne den Innenraum mit Stauwärme zu belasten.

Die sehr gute Durchsicht (Abb. 12) und die gleichzeitig vorhandene Tageslichtausleuchtung sind ein weiterer deutlicher Komfortfaktor und reduzieren gleichzeitig den Energieverbrauch für die elektrische Beleuchtung. Für eine Messung nach DIN bei geschlossenem Behang und senkrechter Bestrahlung des Fensters ergibt sich ein beeindruckend niedriger g-Wert von 0,04. Nur vier Prozent der anfallenden Sonnenenergie dringt in den Innenraum ein.

Schlussbemerkung


Im Rahmen des Green Deals wird von der EU-Kommission eine Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) angestoßen, die Teil eines umfassenden Gesetzespaketes mit der ambitionierten Zielsetzung ist, emissionsfreie Gebäude zu definieren und damit die Reduktion der CO2 Emissionen in Europa voranzutreiben. Gebäudeeigentümern werden Renovierungsverpflichtungen für kommerzielle sowie öffentliche Gebäude und Wohnungen auferlegt.

Abb. 12: Durchsicht des Behangs bei aktivem Sonnenschutz. Die Lamellen sind trotz Lichtlenkung und Sonnenschutz kaum sichtbar. Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster „Tageslichttechnik“Abb. 12: Durchsicht des Behangs bei aktivem Sonnenschutz. Die Lamellen sind trotz Lichtlenkung und Sonnenschutz kaum sichtbar. Foto: © Dr.-Ing. Helmut Köster „Tageslichttechnik“

Hierzu ist eine EU-Energieeffizienzskala „A“ bis „G“ in Vorbereitung, damit bis 2033 alle Wohn- und Nichtwohngebäude die Energieeffizienzklasse „F“ realisieren. Bis 2050 sollen alle Gebäude emissionsfrei sein. Hierfür wird ein Renovierungspass eingeführt. Die Mitgliedsstaaten haben bis 2025 nationale Aktionspläne vorzulegen und Strategien aufzuzeigen, wie auf den Verbrauch fossiler Brennstoffe beim Heizen verzichtet werden kann.

Weiterhin sind rechtliche Grundlagen zu erarbeiten, die Verwendung fossiler Brennstoffe sogar zu verbieten. Von diesen Verordnungen sind dann auch die Kälteanlagen zur Klimatisierung der Gebäude erfasst. Die Tageslichtumlenktechnik, die im Winter solare Zugewinne, im Sommer einen Schutz vor Überhitzung und ganzjährig die Tageslichtautonomie fördert, wird eine ganz wesentliche Rolle in der Umsetzung dieser ehrgeizigen Ziele spielen.


Die Autoren: Der Artikel von Dr.-Ing. Helmut Köster, Inhaber des Frankfurter Büros Köster Lichtplanung, entstand in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Zentrum für Angewandte Energieforschung in Würzburg (ZAE Bayern) sowie den ZAE-Mitarbeitern Andreas Stephan, Elias Wolfrath und Stephan Weismann. Köster ist Schutzrechtsinhaber der Lamellenoptiken. Das ZAE Bayern führt in Würzburg Charakterisierungen von komplexen Verglasungen und Verglasungssystemen durch. Alle Abbildungen des Beitrags sind dem in Vorbereitung befindlichen Buch „Tageslichttechnik” von Dr.-Ing. Helmut Köster entnommen, das in Kürze im Springer Verlag, Heidelberg, erscheint.

www.koester-lichtplanung.de
www.zae-bayern.de


Anwendungsbeispiel Toro 1, Zürich: Im Toro 1, einem Verwaltungsgebäude aus den Jahren 1995/97 in Zürich wurde eine zweischalige, nicht hinterlüftete Fassade durch den Einbau der RetroLux 20 mm-Jalousie der Firma Retro Solar Tageslichtsysteme im Jahr 2020/21 saniert. Insgesamt wurden 2.300 Jalousien in 10.000 m2 Fassade verbaut. Zum Einsatz kamen 24V Maxon-Motoren, die bis 5 m2 große Jalousien auf- und abfahren. Im Ergebnis konnte darauf verzichtet werden, die Klimaanlage höher aus- zulegen – eine enorme Kosten- und Energieeinsparung in der Kältetechnik und im Stromverbrauch (Tageslichtautonomie).


Weitere Informationen: Den bebilderten Fachartikel als PDF-Datei herunterladen: Reflexion plus Lichtlenkung

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