Das Parkhaus für die Tedi Europazentrale erstreckt sich über eine Länge von 360 m. Eine anspruchsvolle Aufgabe, diesen extrem langen Baukörper mit einer attraktiven Gebäudehülle zu versehen.

Das Parkhaus für die Tedi Europazentrale erstreckt sich über eine Länge von 360 m. Eine anspruchsvolle Aufgabe, diesen extrem langen Baukörper mit einer attraktiven Gebäudehülle zu versehen. (Foto: © Fotograf Philip Kistner Architekturfotografie)

Serge Ferrari: Die längste 3D-Membranfassade der Welt

FASSADE - Aktuell

Oktober 2023

Am Firmensitz von Tedi in Dortmund sind über 3.500 Mitarbeiter tätig, für die eine komfortable Parkmöglichkeit für die Pendler geschaffen werden sollte. Es entstand ein Parkhaus, das sich über eine Länge von 360 m erstreckt.

Um die visuelle Wirkung dieses extrem langen und großen Bauwerks für die gegenüberliegende Wohnbebauung ansprechend zu gestalten, wurde es straßenseitig als Textilfassade in Form eines wellenförmigen Vorhangs aus dem Membrangewebe Frontside View 381 umgesetzt. Doch bis es zur Realisierung kam, galt es einige sehr anspruchsvolle Hürden zu überwinden...

Dynamische Kubatur in Form eines Vorhangs

Je nach Lichteinfall erscheint das Textilfassadengewebe Frontside View 381 einmal eher als geschlossene Fläche. Foto: © Fotograf Philip Kistner ArchitekturfotografieJe nach Lichteinfall erscheint das Textilfassadengewebe Frontside View 381 einmal eher als geschlossene Fläche. Foto: © Fotograf Philip Kistner Architekturfotografie

Inspiriert von einer mehrdimensionalen Vorhangfassade, die der Textilfassadenspezialist Typico GmbH für eine Musikschule umgesetzt hatte, entwarfen die Architekten ein Fassadenkonzept, das eine Vorhangfassade aus unterschiedlich geformten Wellen vorsah, die in ihrem Bogenverlauf eine Parallelität für oben und unten vorsahen.

Durch diese besondere Kubatur in Kombination mit einem außergewöhnlichen Bekleidungsmaterial sollte so ein reizvolles visuelles Spiel entstehen, das dem langen Bauwerk nicht nur seine Monotonie nimmt, sondern zu einer attraktiven Landmark an dieser Position werden sollte.

Schnell wurde klar, dass sich diese besondere Freiform in dieser gewaltigen Dimension bei einer Länge von 360 m und einer zu bekleidenden Höhe von knapp über 11 m und dieser Freiheit von Stößen und Fugen nur mit einer Textilmembran bauen lässt. Ein weiterer Pluspunkt für die Umsetzung der Textilfassade war ihre Wandelfähigkeit, eben dass sie je nach Tageszeit und Lichtstimmung immer wieder anders anmutet. In der Nacht stellt sie sich als leichter Schleier dar, durch den die Lichtinszenierung von hinten durchscheint. Am Tag wirkt die Textilfassade eher flächig als geschlossene Oberfläche.

Machbarkeit mit großem Fragezeichen

Auch über die Außenecke setzt sich die Textilfassade als fließende Wellenform fort. Foto: © Fotograf Philip Kistner ArchitekturfotografieAuch über die Außenecke setzt sich die Textilfassade als fließende Wellenform fort. Foto: © Fotograf Philip Kistner Architekturfotografie

Die Umsetzung als Textilfassade war aber in Bezug auf die anstehenden Genehmigungsverfahren wie Be-/Entlüftung, Brandschutz und besonders die Statik, ein fragwürdiges Unterfangen. Bei Planungsbeginn wurde den Architekten von verschiedenen möglichen Realisierungspartnern und Verbänden versichert, dass eine solches Vorhaben nicht möglich sein.

Die Bauherren ließen sich jedoch von der Begeisterung der Architekten für dieses anspruchsvolle Projektkonzept weiter anstecken und animierten die Projektbeteiligten, weiter nach Lösungsansätzen zu suchen. Das hohe Engagement des Projektsteuerers Hegerath Gruppe, sowie der Innovationsgeist des Herstellers Typico GmbH schließlich machten es möglich, dass die folgenden Herausforderungen bravourös gemeistert wurden und diese ambitionierte Fassade innerhalb der Budgetvorgaben realisiert, werden konnte.

All-in mit einem besonderen Angebot

Die Vorhanganmutung beim TEDi Parkhaus ergibt sich durch zwei oben und unten parallel verlaufende Bogenlinien. Eine organische Form, die aus wiederkehrenden unterschiedlichen Radien besteht, welche jedoch in der Frontalansicht wie eine komplette Freiform anmuten. In ihrer Einschätzung zur Machbarkeit gingen die Experten davon aus, dass die Wellenform glatt gezogen wird, wenn man die Unterkonstruktion den enormen Spannkräften aussetzt und deshalb so nicht zu realisieren ist.

Die Typico war nach wie vor von ihrem Konzept überzeugt und ging mit einem besonderen Vorschlag in die Offensive: Sie boten eine Musterfassade im Maßstab 1:2 auf eigene Kosten an, verbunden mit der Vereinbarung, im Falle einer einwandfreien Funktionstüchtigkeit und erfolgreichen Absolvierung aller Genehmigungsverfahren den Auftrag zum vereinbarten Budget zu erhalten. Ein Angebot, das in Bezug auf sein hohes Engagement und Risikobereitschaft von den Bauherren goutiert und mit einem positiven Votum belohnt wurde.

Zusammenspiel von Spannkonstruktion und Membran

In der Nacht lässt die Lichtinszenierung die Textilfassade wie einen leichten Schleier über dem Parkhaus erscheinen. Foto: © Fotograf Philip Kistner ArchitekturfotografieIn der Nacht lässt die Lichtinszenierung die Textilfassade wie einen leichten Schleier über dem Parkhaus erscheinen. Foto: © Fotograf Philip Kistner Architekturfotografie

Der Schlüssel zu einem erfolgreichen Konzept war hierzu, zum einen die Kräfteverhältnisse auszureizen und mit einer anderen Spannungslogik heranzugehen, zum anderen ein Membrangewebe, das ein genau definiertes Dehnverhalten ausweist. Ein Glasfasergewebe wäre hier aufgrund der wirkenden Kräfte nicht umsetzbar gewesen.

Deshalb hatte das eingesetzte PVC-beschichtete, hochfeste Polyestergewebe von Serge Ferrari nicht nur eindeutige Vorteile in Bezug auf einfachere und detailgetreue Verarbeitung sowie einen geringerem Materialpreis, sondern auch hinsichtlich einer gewissen Dehnfähigkeit, um die enormen Kräfte in Griff zu bekommen.

Ein weiterer Pluspunkt war das umfangreiche Farbprogramm von Frontside View 381 mit aktuell 17 Farben. Der Entwurf der Architekten sah Silber oder hellen Grauton vor, was innerhalb der Farbpalette einiges an Auswahl bereithielt. Die Entscheidung fiel schließlich auf Frontside View 381-3121 interferenzgrau, was sehr gut in das gewünschte Gestaltungskonzept passte und im Zusammenspiel mit der Wellenform eine großartige skulpturale Darstellung erzeugte.


Weitere Informationen: sergeferrari.com