Enthält Bauschutt Asbest, wird das Recycling und/ oder die Deponierung teuer. Eine vorausschauende Begutachtung des Materials kann die Kostenrisiken senken und falsche Deklarationen vermeiden.

Enthält Bauschutt Asbest, wird das Recycling und/ oder die Deponierung teuer. Eine vorausschauende Begutachtung des Materials kann die Kostenrisiken senken und falsche Deklarationen vermeiden. (Foto: © Vössing)

Neues Verfahren zur Asbest-Detektion

Bis Mitte der 1990er Jahre wurden in Deutschland Bauprodukte und -stoffe mit Asbest verbaut [1]. Beim Abriss oder der Sanierung alter Gebäude sind darum aufwändige Materialprüfungen erforderlich. Nun haben die Fraunhofer-Institute IOSB und IBP ein innovatives Verfahren entwickelt.

Das Verfahren ermöglicht es, mittels eines einfachen Materialscans, ohne Entnahme einer Probe, zu prüfen, ob Bauschutt Asbest enthält. Das eröffnet gänzlich neue Möglichkeiten.

Nach einer Schätzung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) enthalten ca. 20 Prozent des Baubestandes in Deutschland asbesthaltige Baustoffe. Diese sind bei Instandhaltungs- und Abbrucharbeiten selektiv zu entfernen. Eine schnelle Detektion oder Trennung dieser asbesthaltigen Bauabfälle vom konventionellen Bauschutt ist derzeit laut dem Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE) immer noch weder technisch noch wirtschaftlich machbar. Die Gewährleistung, dass Bauschutt kein Asbest enthält, stellt für die Weiterverwertung von Bauschutt ein kritisches Qualitätsmerkmal dar.

Laut der Faserzementindustrie wurden Mitte der 90er Jahre noch ca. 20 Mio. Tonnen Asbestzementbauprodukte genutzt, die im Verlauf der nächsten 30 Jahre bei Recyclingunternehmen anfallen und entsorgt werden müssen. Daraus ist ein jährlicher Entsorgungsbedarf von ca. 650.000 Tonnen zu erwarten [2]. Asbestprodukte wie Asbestzement, Betonbau-Abstandhalter oder Spannhülsen werden regelmäßig im Bauschutt gefunden.

Auch in Abfällen von Dachabdichtungen oder in Bodenauffüllungen werden immer wieder asbesthaltige Anteile erkannt [3]. Asbest ist oft hinter Wänden versteckt und kommt erst beim Abriss zum Vorschein. In Reinform findet man den Baustoff zum Beispiel in Form von Asbestschnüren zum Abdichten von Kaminen und Öfen oder als feuerfeste Füllstoffe [4].

Bei der Anlieferung von Schottertragschichten aus Recycling-Material, während des Abbruchs von Gebäuden und Anlagen oder bei der Deklaration von Bauabfällen werden Vermischungen mit Asbest häufig erst zu spät entdeckt. Hierdurch entstehen Zeitverzögerungen beim Bauablauf und zum Teil hohe Kosten bei der notwendig werdenden Entsorgung. Durch eine vorausschauende Begutachtung können daher Kosten- und Terminrisiken minimiert werden [3].

Ein häufiges Problem bei den Recyclingunternehmen ist eine falsche Deklaration des angelieferten Bauschutts. Inzwischen verlangen auch immer mehr Deponien für asbesthaltige Abfälle eine Deklarationsanalytik gemäß Deponieverordnung [5] oder weigern sich, mineralisch gebundene Abbruchgüter, die im Verdacht stehen Asbest zu enthalten, ohne spezielle Analytik anzunehmen.

Die Lösung

Der tragbare Handsensor ermöglicht schnelle Asbest-Messungen vor Ort. Foto: © Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBPDer tragbare Handsensor ermöglicht schnelle Asbest-Messungen vor Ort. Foto: © Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP

Im Rahmen des Projekts "DIANA" wurde ein innovatives Verfahren zur Detektion von Asbest im Bauschutt entwickelt. Zentraler Bestandteil des Projekts ist ein neuartiger Handsensor der Firma Spectral Engines GmbH, ein hyperspektraler Punktsensor, der im nahen Infrarotbereich (NIR) zwischen 1.350 und 1.650 nm sensitiv ist.

In Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB und Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP konnte der Sensor unter Laborbedingungen umfassend getestet und ein neues Verfahren zur Asbestdetektion entwickelt werden.

Keine Probenentnahme nötig

Abbruchunternehmen und Sanierungsfachkräfte stehen häufig vor der Herausforderung, Asbest in Baumischabfällen oder im Gebäudebestand zu identifizieren. Mit dem neuen Verfahren kann ohne aufwändige Probenpräparation direkt vor Ort geprüft werden.

Als Voraussetzung muss in der Materialprobe der ggf. enthaltene Asbest mit Licht wechselwirken können. So kann es von dem Sensorsystem identifiziert werden, das heißt, Asbestfasern, die von einer Betonmatrix umgeben sind, können damit nicht gefunden werden. Nach einer mechanischen Bearbeitung bzw. einer Bohrkernentnahme werden üblicherweise die vorhandenen Fasern freigelegt und können dann an der Oberfläche ermittelt werden. Dazu wird der kompakte Sensor an die zu untersuchende Stelle gehalten und mittels einer App die Messung durchgeführt.

Die App analysiert das aufgenommene Spektrum mithilfe intelligenter Algorithmen. Spezifische Absorptionsbänder bei bestimmten Wellenlängen weisen auf das Vorhandensein von Asbest hin. Innerhalb kürzester Zeit liefert das System ein Ergebnis, ohne dass Proben ins Labor geschickt bzw. für eine Messung präpariert werden müssen. Für die Durchführung der Messung mit diesem mobilen Handheld Gerät ist kein wissenschaftliches Fachpersonal notwendig, sie kann unter Beachtung der Sicherheitsmaßnahmen auch von Sanierungsfirmen, Handwerksbetrieben oder Privatpersonen durchgeführt werden.

Alternativ kann auch vorsichtig eine Materialprobe entnommen und auf den Sensor gelegt werden. Dies ermöglicht eine flexible Untersuchung verschiedener Baustoffe und verdächtiger Materialien aus dem Gebäude.

Hauptmerkmale und Vorteile des entwickelten Verfahrens sind:
- Kompakte Bauweise des Sensors: Mit Maßen von nur 12×12×4 cm ist der Handsensor mobil und leicht transportierbar.
- Kosteneffizient: Der Handsensor bietet eine wirtschaftliche Lösung.
- Schnelle Ergebnisse vor Ort: Durch die direkte Analyse entfällt die Wartezeit auf Laborergebnisse, was den Arbeitsprozess erheblich beschleunigt.
- Benutzerfreundliche Anwendung: Die App-Steuerung ermöglicht ohne spezialisiertes Fachwissen eine einfache Bedienung.

Präsentation auf der BAU 2025

Das neue Verfahren und der darin entwickelte Prozess markieren einen bedeutenden Fortschritt in der Asbest-Detektion. Im Labor wurde das Potenzial bereits demonstriert, nun muss sich das Verfahren im Feld beweisen. Die schnelle Asbestdetektion vor Ort würde Fachkräfte dabei unterstützen, sicherere und effizientere Arbeitsprozesse zu gestalten. Dies trägt nicht nur zur Einhaltung gesetzlicher Vorgaben bei, sondern erhöht auch die Sicherheit für alle Arbeitenden auf der Baustelle.

Bevor das neue Asbest-Detektionsverfahren auf dem Markt angeboten wird, soll zunächst die Methodik an unterschiedlichen realen Asbest-haltigen Proben weiter validiert und optimiert werden, um die für die Auswertung zugrunde liegende Datenbank zu erweitern. Das Verfahren wird erstmalig von 13. bis 17. Januar 2025 auf der Messe BAU auf dem Gemeinschaftstand der Fraunhofer- Allianz Bau (Halle C2, Stand 528) präsentiert.

Ausblick

Seit der neuen Ersatzbaustoffverordnung vom 1. August 2023 sind die Baustoff-Aufbereiter dafür verantwortlich, dass ihre aufbereiteten RC-Produkte frei sind von Asbest. Daher werden in Zukunft schnelle Asbestdetektionsverfahren für Baumischabfälle zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Eine schnelle Detektion ist aber nur der erste Schritt in einem potenziellen Asbest- Aufbereitungsverfahren. Nachfolgend werden Verfahren benötigt, die Asbest-haltige Bestandteile aus den Baumischabfällen ausschleusen und im Idealfall auch rückstandslos unschädlich machen können.

Um diese drängenden zukünftigen Forschungsfragen effizient bearbeiten zu können, wird 2025 am Fraunhofer IBP in Holzkirchen ein spezielles Analyselabor entstehen, in dem unter strengen Sicherheitsvorkehrungen an Asbest-haltigen Proben im vorindustriellen Maßstab gearbeitet werden kann.

Gemeinschaftstand der Fraunhofer-Allianz auf der BAU 2025: Halle C2, Stand 528


Literatur: [1] Mitteilung aus dem Statistischen Bundesamt Wiesbaden an das BBSR/BBR Berlin: Entsorgung asbesthaltiger Abfälle 2002–2007; Herkunft der Abfallmengen in der Bundesrepublik Deutschland, die dem Überwachungsverfahren unterliegen, Kennziffer VII B/33215100 (2009)
[2] Albracht, G.; Schwertfeger, O.A.: Herausforderung Asbest, Universum Verlagsanstalt, Wiesbaden, (1991)
[3] https://de.wessling-group.com/de/vdi-3876-asbest-in-bauschutt-und-abbruchabfaellen
[4] https://www.haus.de/modernisieren/asbest-erkennen
[5] Bundesministerium für Arbeit und Soziales: https://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsschutz/Gesundheit-am-Arbeitsplatz/Nationaler-Asbestdialog/nationaler-asbestdialog-artikel.html


Weitere Informationen: Den bebilderten Fachartikel als PDF-Datei herunterladen: Neues Verfahren zur Asbest-Detektion