Fristen zur Mangelbeseitigung an Bauprojekten haben in den vergangenen Monaten die höchstrichterliche Rechtsprechung gleich mehrfach beschäftigt. Wichtig zu wissen ist für Auftragnehmer unter anderem, dass eine vom Auftraggeber zu kurz bemessene Frist eine angemessene Frist in Gang setzt und somit die zugehörige Mangelbeseitigungsaufforderung nicht unwirksam wird.

Fristen zur Mangelbeseitigung an Bauprojekten haben in den vergangenen Monaten die höchstrichterliche Rechtsprechung gleich mehrfach beschäftigt. Wichtig zu wissen ist für Auftragnehmer unter anderem, dass eine vom Auftraggeber zu kurz bemessene Frist eine angemessene Frist in Gang setzt und somit die zugehörige Mangelbeseitigungsaufforderung nicht unwirksam wird. (Foto: © Vössing)

Mängelbeseitigung: Zu knapp gesetzte Frist ist zu rügen

Ist die vom Auftragnehmer ausgeführte Leistung mangelhaft und möchte der Auftraggeber von seinen Mängelrechten Gebrauch machen, hat er dem Auftragnehmer sowohl nach den Regularien des BGB als auch der VOB/B eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels zu setzen.

Von Jörg Teller

Aber wonach richtet sich die "Angemessenheit" einer Mangelbeseitigungsfrist? Nach der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung muss eine angemessene Frist grundsätzlich so bemessen sein, dass sie für einen leistungsbereiten und leistungsfähigen Auftragnehmer im Hinblick auf die durchzuführenden Maßnahmen (bei größter Anstrengung) einhaltbar ist. Doch wie ist die Rechtslage, wenn ein bauunkundiger Auftraggeber eine Mangelbeseitigungsfrist zu kurz bemisst?

Mit dieser und weiteren zugehörigen Fragestellungen aus der Praxis hat sich das Oberlandesgericht Brandenburg in einem kürzlich veröffentlichten Urteil beschäftigt und ist zu einer durchaus bemerkenswerten Rechtsauffassung gelangt.

Aktueller Fall

Der bauunkundige Auftraggeber hatte den Auftragnehmer im Rahmen eines VOB-Bauvertrages mit der schlüsselfertigen Errichtung eines Einfamilienhauses zu einem Festpreis von 260.220,35 Euro beauftragt. Der Leistungsumfang des Bauvertrages wurde durch mehrere Nachtragsvereinbarungen erweitert.

Nach der Errichtung des Hauses wurden die Leistungen des Auftragnehmers abgenommen. Anlage des hierbei erstellten Abnahmeprotokolls war eine Mangelliste. Der Auftraggeber hat den Auftragnehmer insofern unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung aufgefordert. Einen Monat nach der Abnahme legte der Auftragnehmer seine Schlussrechnung. Da diese nicht ausgeglichen wurde, kam es schließlich zum Rechtsstreit.

Der Auftraggeber trat dem vom Auftragnehmer eingeklagten Restwerklohn mit Mängelargumenten und hierzu bezifferten Kosten entgegen. Im Rahmen des Bauprozesses argumentierte der Auftragnehmer unter anderem damit, die ihm gesetzte Frist zur Mangelbeseitigung sei zu kurz gewesen. Daneben monierte der Auftragnehmer, dass ihm der Auftraggeber nach Ablauf der Nachbesserungsfrist die Nachbesserung untersagt habe. Des Weiteren beanstandete der Auftragnehmer, dass der Drittunternehmer aus seiner Sicht "zu teuer" ausgesucht worden sei (OLG Brandenburg, Urteil vom 05.09.2024, Az: 12 U 3/22).

Urteil des OLG Brandenburg

Das Oberlandesgericht Brandenburg kommt in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass der Auftragnehmer einen Anspruch auf Restwerklohn hat. Das Gericht stellt fest, dass der Werklohnanspruch fällig ist; weiter stellt das Gericht in seinem Urteil fest, dass die Auftraggeber gegen den Werklohnanspruch wirksam mit verschiedenen Kostenpositionen aufgerechnet hat.

Zu den im Rahmen des Rechtsstreits vorgebrachten Argumenten des Auftragnehmers arbeitet das Oberlandesgericht in seinem Urteil Folgendes heraus: Der Umstand, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer nach Ablauf der Nachbesserungsfrist die Nachbesserung untersagt hat, berühre die Gewährleistungsansprüche aus Sicht des Gerichts nicht. Nach Fristablauf sei der Auftragnehmer naturgemäß gehindert, ohne Zustimmung des Auftraggebers nachzubessern.

Zu der aus Sicht des Auftragnehmers zu teuren Ersatzvornahme stellt das Gericht weiter fest, dass bei der Würdigung, welche Maßnahme zu welchen Preisen möglich und zumutbar ist, zu berücksichtigen ist, dass der Auftraggeber nicht gehalten ist, im Interesse des säumigen und nachbesserungsunwilligen Unternehmers besondere Anstrengungen zu unternehmen, einen preisgünstigsten Drittunternehmer zu finden.

Mit Blick auf die vom Auftragnehmer als zu kurz monierte Mangelbeseitigungsfrist kommt das Oberlandesgericht Bandenburg zu einem durchaus bemerkenswerten Ergebnis. Der Auftragnehmer könne sich aus Sicht des Gerichts gegenüber einem nicht fachkundigen Auftraggeber später nicht darauf berufen, die ihm gesetzte Frist sei zu kurz gewesen, wenn er dies nicht unverzüglich gegenüber dem Auftraggeber gerügt hat und eine solche Rüge zu erwarten war, weil der Auftraggeber der vertretbaren Auffassung sein durfte, die Frist sei angemessen (OLG Brandenburg, Urteil vom 05.09.2024, Az: 12 U 3/22).

Für die Praxis

Fristen zur Mangelbeseitigung haben in den letzten Monaten die höchstrichterliche Rechtsprechung gleich mehrfach beschäftigt. Neben der bereits angesprochenen Frage, wie sich die Angemessenheit einer Mangelbeseitigungsfrist bemisst, hatte sich die einschlägige Rechtsprechung auch mit zu kurzen Fristen zu beschäftigen. Hierbei stand die Frage im Fokus, ob eine unangemessen kurze Frist eine Mangelbeseitigungsaufforderung insgesamt unwirksam macht. Die Auftragnehmerseite mag in diesem Zusammenhang zur Kenntnis nehmen, dass nach der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung das Setzen einer unangemessen kurzen Frist durch den Auftraggeber eine angemessene Frist in Gang setzt.

Die zugehörige Mangelbeseitigungsaufforderung ist insofern nicht unwirksam; der Auftragnehmer weiterhin gehalten, sich um eine Beseitigung der Mangelsituation zu kümmern. Die Feststellung des Oberlandesgerichts Brandenburg dagegen, dass sich der Auftragnehmer aktiv gegen eine zu kurz gesetzte Frist wehren muss, ist jedoch ein neuer Ansatz in der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Erhält also der Auftragnehmer von einem bauunkundigen Auftraggeber eine zu knapp gesetzte Mangelbeseitigungsfrist, ist ihm im Hinblick auf das Urteil aus Brandenburg anzuraten, der zu kurz gesetzten Frist aktiv (und schriftlich) unverzüglich entgegenzutreten, gegebenenfalls mit dem Hinweis darauf, bis wann eine vom Auftragnehmer erkannte Mangelbeseitigung dauern wird.

Bleibt der Auftragnehmer dagegen untätig, soll er sich aus Sicht des Oberlandesgerichts später nicht mehr darauf berufen dürfen, die ihm gesetzte Frist sei zu kurz gewesen. Im ungünstigsten Fall könnte hieraus folgen, dass der Auftragnehmer dann die Mangelbeseitigung in der vom Auftraggeber zu knapp gesetzten Frist – der aber nicht widersprochen wurde – zu leisten hat.

Der Autor: Rechtsanwalt Jörg Teller ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in der Frankfurter Kanzlei SMNG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.


Weitere Informationen: Den bebilderten Fachartikel als PDF-Datei herunterladen: Mängelbeseitigung: Zu knapp gesetzte Frist ist zu rügen