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Brandbrief: Einbruch bei Gebäudesanierung gefährdet Klima, Jobs und sozialen Frieden

In einem offenen Brief an Bundesregierung und Bundestag vom 19. Juli fordert ein Bündnis aus 15 Branchen-, Verbraucher-, Umwelt- und Klimaschutzverbänden ein Klimakonjunkturpaket für den Gebäudesektor.

Hier der Brandbrief in seiner Originalfassung: Wir sind tief besorgt über die aktuellen Einbrüche bei der Gebäudesanierungsrate. Die Aufträge für energetische Modernisierungsmaßnahmen, sowohl bei Gebäudehülle als auch -technik, sind massiv zurückgegangen oder sogar zum Erliegen gekommen.

So haben sich die Förderanträge beim BAFA im Mai gegenüber dem Vorjahr halbiert und sowohl Aufträge für Fassadensanierungen als auch der Absatz von Wärmeschutzprodukten und Wärmepumpen sind massiv eingebrochen. Die teilweise bestehende Illusion, hohe Energie- oder CO2-Preise allein würden zu Steigerungen der Energieeffizienz führen, haben sich als gefährlicher Trugschluss erwiesen.

Diese Entwicklungen sind in mehrerlei Hinsicht dramatisch und erfordern schnelles politisches Handeln:
Die Klimaziele drohen noch stärker verfehlt zu werden als bereits absehbar.
Ohne Senkung des Energieverbrauchs ist eine wirtschaftliche, sozial- und naturverträgliche Energiewende nicht zu bewältigen.
Es drohen Entlassungswellen. Im Vertrauen auf die Politik aufgebaute Kapazitäten werden bei fehlender Nachfrage nicht gehalten werden können. Fachkräfte werden die relevanten Branchen verlassen. Erholt sich die Nachfrage nicht schnell genug, werden sie bei späterem Bedarf nicht mehr zur Verfügung stehen.
Es drohen massive soziale Verwerfungen in Folge zu hoher Heizkostenrechnungen, bedingt durch verschleppte Modernisierungen bei gestiegenen Energiepreisen. Die hohen Kosten werden Haushalte mit geringem Einkommen in unsanierten Gebäuden besonders hart treffen.
Die Baubranche wird als wichtiger Konjunkturanker, der während der Corona-Krise die Wirtschaft gestützt hat, nach Einbruch der Neubauzahlen geschädigt.

Wir fordern die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag darum auf, noch in diesem Sommer als ersten Schritt ein Klimakonjunkturpaket für den gesamten Gebäudebestand aufzulegen. Dafür sollte auch ein Sanierungsprogramm für alle öffentlichen Gebäude umgesetzt werden. Die Förderbedingungen für umfassende energetische Modernisierungen müssen wieder hergestellt (mind. 20 Prozent zzgl. Boni). Gebäudehülle und –technik müssen dabei gleichgestellt, die Genehmigung von Anträgen beschleunigt und zusätzlich steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten geschaffen werden.

Darüber hinaus braucht es schnellstmöglich einen klaren Fahrplan für eine Sanierungsoffensive für den gesamten Gebäudebestand. Diese muss durch die Kombination aus Förderprogrammen, Ordnungsrecht, Beratung, Hebelung privater Finanzierung und eine Anpassung des Mietrechts sowohl das Erreichen der Klimaziele als auch die sozial gerechte Umsetzung gewährleisten. Die notwendigen Lösungen und Techno-logien sind vorhanden – das sollte von der Politik deutlich kommuniziert werden.

Auch insgesamt ist ein politisches Bekenntnis zur Aufrechterhaltung der Zieltrias aus Klimaschutz, Erneuerbaren Energien und Energieeinsparung als Richtschnur der Energiewende dringend erforderlich. Die Streichung des Energiesparziels aus § 1 GEG, die Aufgabe langfristiger Primärenergieziele im EnEfG und Aussagen, es genüge die Vermeidung von CO2-Emissionen als Politikziel, sind umwelt-, sozial- und wirtschaftspolitisch brandgefährlich.

Wir bitten um einen zeitnahen Austausch und möchten auch unsere Bitte an die Bundesregierung, endlich einen Sanierungsgipfel einzuberufen, hiermit nochmal sehr deutlich wiederholen.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Noll, Geschäftsführender Vorstand, Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V (DENEFF)

Antje von Broock, Bundesgeschäftsführerin, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)

Jan Peter Hinrichs, Geschäftsführer, Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle e.V. (BuVEG)

Stefan Bolln, Vorsitzender, Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerker – Bundesverband e.V.

Frank Ernst, Hauptgeschäftsführer BTGA e. V., Geschäftsführer FGK e. V. und Geschäftsführer Herstellerverband RLT-Geräte e. V.

Jutta Gurkmann, Mitglied der Geschäftsleitung, Geschäftsbereichsleiterin Verbraucherpolitik. Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Leif Miller, Bundesgeschäftsführer NABU e.V.

Thomas Drinkuth, Leiter der Repräsentanz, Repräsentanz Transparente Gebäudehülle GbR

Frank Lange, Geschäftsführer Verband Fenster + Fassade e.V.

Marita Klempnow, Vorstand Deutsches Energieberaternetzwerk e.V.

Heike Vesper, Geschäftsleitung Transformation & Politik, WWF Deutschland

Arnold Drewer, Geschäftsführer Fachverband Einblasdämmung e.V. FVED

Dr.-Ing. Thomas Tenzler, Geschäftsführer, FMI Fachverband Mineralwolleindustrie e.V.