(Foto: © VDPM)

Teilnahmerekord bei den Branchentagen in Bamberg

FASSADE - Aktuell

November 2023

Drei Verbände – ein gemeinsames Ziel: Die Branchentage, zu denen der VDPM, der BV FGB und der BAF nach Bamberg geladen hatten, waren vollgepackt mit Experten-Know-how, Forschungsergebnissen und zukunftsfähigen Lösungen.

Über 150 Fachleute aus Handwerk und Industrie, dazu Sachverständige, Planer und Architekten bekamen spannende Vorträge und engagierte Diskussionen über Wärmeschutz, Dämmputze und Wärmepumpen geboten.

Heiner Röhr, stellv. Vorsitzender des VDPM (Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel e.V.), Jörg Ottemeier, Vorstandsmitglied des BAF (Bundesverband Ausbau und Fassade), und Guido Müller, Präsident des BV FGB (Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz), betonten bei der Eröffnung und Begrüßung die Wichtigkeit, Zukunftsthemen gemeinsam anzugehen und mit vereinten Kräften an Lösungen zu arbeiten. Dietmar Ahle, Vizepräsident des BV FGB, und VDPM-Geschäftsführerin Antje Hannig führten anschließend durch das vielfältige Tagungsprogramm.

Gleich der erste Vortrag traf den Nerv der Zeit. Überzeugend erläuterte Prof. Dr. Andreas Holm vom FIW München, warum Wärmeschutz und Wärmepumpen unbedingt zusammengehören. Ziel müsse es sein, den Anteil vorbereiteter Gebäude für den Wärmepumpenhochlauf zu steigern – sprich: sie "Niedertemperatur-ready" zu machen – und die Gleichzeitigkeit elektrischer Lasten zu senken. Denn bei Wärmpumpen wirke sich eine schlechte Effizienzklasse einer Immobilie stärker aus als bei Gasheizungen. Gut gedämmte Gebäude könnten die Spitzen der Heizlast in die günstigeren Stunden verschieben und das Stromnetz entlasten, lautete das Fazit der Betrachtung.

Nachhaltigkeit im Baugewerbe

Was Nachhaltigkeit für das Baugewerbe bedeutet, erklärte im Anschluss Katrin Mees vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V. (ZDB). "Nachhaltiges Bauen sollte nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern immer auch wertbeständig und sozialverträglich sein", lautete ihre These. Bauen und Wohnen müsse gleichzeitig klimagerecht und bezahlbar sein – "das ist unsere Aufgabe", appellierte sie an die Zuhörer.

Dies betreffe den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks, von der Planung über den Bau, die Nutzungsphase bis hin zum Rückbau. Mees: "Die gesamte Wertschöpfungskette Bau muss für diese vier Phasen gemeinsam ihren Beitrag leisten." Hier sei vor allem vorausschauendes Handeln gefragt: Gebäude müssten so geplant werden, dass die verwendeten Materialien gleich als zukünftiger Rohstoff vor-gesehen, beschafft und eingebaut werden könnten, damit sie später für das nächste Projekt zur Verfügung stünden.

Schwerpunkt: Wärmedämm-Verbundsysteme

Gastgeber und Vortragende bei den Branchentagen (v.l.): Prof. Hartwig Künzel, Prof. Andreas Holm, Heiner Röhr, Antje Hannig, Achim Gebhart, Antje Proft, Ralf Ertl, Hardy Rüdiger, Guido Müller, Katrin Mees, Dietmar Ahle und Dr. Tina Oertel. (Auf dem Foto fehlen Jörg Ottemeier und Oliver Hartmann.) Foto: © VDPMGastgeber und Vortragende bei den Branchentagen (v.l.): Prof. Hartwig Künzel, Prof. Andreas Holm, Heiner Röhr, Antje Hannig, Achim Gebhart, Antje Proft, Ralf Ertl, Hardy Rüdiger, Guido Müller, Katrin Mees, Dietmar Ahle und Dr. Tina Oertel. (Auf dem Foto fehlen Jörg Ottemeier und Oliver Hartmann.) Foto: © VDPM

Ein Schwerpunkt der Branchentage waren Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS) als ein probates Mittel für die Dämmung der Gebäudehülle im Neubau und im Bestand. Gleich vier Vorträge widmeten sich diesem Thema. Den Auftakt machte Prof. Dr. Hartwig Künzel vom Fraunhofer IBP Holzkirchen mit seinem Blick auf das Langzeitverhalten von WDVS. Eingangs erläuterte der Experte, warum eine hohe Wärmedämmung vor Schimmelbefall schütze. Anschließend stellte er eine Langzeitstudie des Instituts vor, die 1975 an 93 Gebäuden in Deutschland, Österreich und der Schweiz gestartet wurde und über verschiedene Phasen bis 2022 lief.

Das Ergebnis bestätigte frühere Untersuchungen des Instituts, denn die mit EPS und Mineralwolle gedämmten Häuser wiesen selbst nach fast vier Jahrzehnten ohne Sanierung praktisch keine Schäden auf, sondern waren nur optisch beeinträchtigt. Die Quintessenz der Betrachtung lautete, dass Alterungsverhalten und Wartungsaufwand bei WDVS-Fassaden nicht anders zu bewerten seien als bei konventionell verputzten Außenwänden und die Dämmvariante in der Regel einen guten Witterungs- und Korrosionsschutz darstelle.

Untersuchung brennbarer Dämmstoffe

Einen spannenden Versuchsaufbau beschrieb im folgenden Vortrag Hardy Rüdiger von den Deutschen Amphibolin-Werken (DAW) aus Ober-Ramstadt. Dieser dient unter anderem als Grundlage für die Neuauflage des VDPM-Brandschutzkompendiums, dem "Standardwerk für WDVS", das derzeit überarbeitet wird.

Im Fokus des Vortrags stand die Untersuchung brennbarer Dämmstoffe im Sockel- und Spritzwasserbereich nichtbrennbarer WDVS, die ein eigen-ständiges Kapitel im Rahmen des Kompendiums darstellt. Zielsetzung war das Schaffen objek-tiver Bewertungsgrundlagen, die Ableitung von Anwendungsgebieten sowie die Anpassung baurechtlicher Regelungen. Der dazu durchgeführte Sockelbrandversuch erbrachte hinsichtlich der Brandausbreitung positive Resultate.

Wie Rüdiger betonte, können die Ergebnisse als Grundlage für die Erarbeitung einer Technischen Regel für die Verwendung einer Spritz-wassersockeldämmung aus EPS, XPS oder PUR genutzt werden. Das Brandschutzkompendium solle noch 2023 fertiggestellt werden, das Monitoring zur Erstellung einer Technischen Regel sei für 2024 geplant, gab der Referent einen Ausblick.

WDVS an Untersichten

Den dritten Vortrag im WDVS-Themenreigen hielt Antje Proft von der Sahlmann & Partner GbR aus Leipzig. Dabei ging es um WDVS an Untersichten unter Berücksichtigung der Aspekte Eigengewicht, Windsog und hygrothermischer Belastung. Als Ergebnis fasste die Referentin zusammen, dass derzeit ausschließlich die Verdübelung durch das Gewebe in Mineralwolle mit verschiedenen Tellerdübeln in mineralischen Untergründen zugelassen sei. Die Zulassungstabelle enthalte bereits die relevanten Sicherheitsfaktoren für Dauerlast, Tragfähigkeit im Riss sowie die Lasteinwirkung durch Eigengewicht (ständige Last) und Wind (veränderliche Last).

Unter das Motto "Weiterverwendung ist besser als Wiederverwertung und Recycling" hatte Achim Gebhart, der bei Baumit Bad Hindelang die Leitung der Bauberatung innehat, seinen Vortrag gestellt. Er sprach über die fachgerechte Aufdopplung von WDVS. Wandaufbau und Altsystem seien gründlich auf die Punkte Art, Zustand, Standsicherheit, Tragfähigkeit und Tauglichkeit für eine Aufdopplung zu prüfen, bevor es in die Planungsphase und schließlich in die Ausführung gehen könne.

Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden

Eine Alternative zu WDVS stellen Wärmedämmputze dar – ebenfalls eine Methode zur Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden. Dr. Tina Oertel vom Baustoffspezialisten Sievert aus Karlstadt stellte die aktuellen Entwicklungen im Bereich neuer Materialien für entsprechende Produkte im EU-Projekt "Wall-ACE" und der Folgestudie "EASI ZERo" vor.

Letztere startete Ende 2022 und läuft bis Mai 2026. Die Referentin erläuterte die Versuchsaufbauten und erste Ergebnisse und plädierte abschließend an die Zuhörer, sich in der Stakeholder Initiative zu en-gagieren. So könnten sie Teil des EASI ZERo-Forschungsprojekts werden und auf die Entwicklung eines Produktes einwirken, bevor dieses zur Anwendungsreife und damit auf die Baustelle käme. "Ich habe gelernt, dass man nie zu klein dafür ist, einen Unterschied zu machen" – mit diesem Zitat von Greta Thunberg beendete Tina Oertel ihren Vortrag.

Oliver Hartmann übernimmt Schlusswort

Der letzte Vortrags-Slot gehörte Ralf Ertl. Der ö.b.u.v. Sachverständige für Schäden an Gebäuden aus München sowie Autor der Werke "Toleranzen im Hochbau" und "Optische Mängel im Bild" sprach über sichtbare Beeinträchtigungen und die Beurteilung zu akzeptierender bzw. nicht zu akzeptierender Abweichungen. Anhand von Beispiel-Bildern und Grafiken stellte er eine Methodik zur Feststellung und Bewertung von Auffälligkeiten vor.

Das Schlusswort übernahm Oliver Hartmann. Der Geschäftsführer, Ressortleiter Technik und Sachverständigenwesen der Bauverbände NRW - Stuck, Putz und Trockenbau Westfalen e.V. bedankte sich bei allen Referenten der Branchentag, den Organisatoren der beteiligten Verbände und den Teilnehmern für ihr aktives Mitwirken.


Weitere Informationen: www.vdpm.info
www.stuckateur.de
www.farbe.de

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