Eine durchdachte Planung der Übergabe an die kommende Generation ist unerlässlich, um die langfristige Existenz des Betriebs zu sichern.

Eine durchdachte Planung der Übergabe an die kommende Generation ist unerlässlich, um die langfristige Existenz des Betriebs zu sichern. (Foto: © Vitolda Klein / Unsplash)

Nachfolge im Handwerk

FoWi - Aktuell

Januar 2025

Der demografische Wandel lässt grüßen: Bereits eine Umfrage aus dem Jahr 2020 ergab, dass bis 2025 circa 125.000 Handwerksbetriebe mit der Nachfolgefrage konfrontiert sein werden.

Eine durchdachte Planung der Übergabe an die kommende Generation ist unerlässlich, um die langfristige Existenz des Betriebs zu sichern. Davon sind Maren Ulbrich, Beraterin für Nachfolgeplanung im Handwerk, und Marius Stäcker, CEO von ToolTime und Digitalisierungsexperte, überzeugt.

Schließlich sind die Zeiten, in denen der Betrieb automatisch an den Sohn des Inhabers weitergegeben wird, vorbei. Doch wie lässt sich der Wert des Unternehmens steigern, sodass die Übernahme für potenzielle Nachfolger attraktiver wird? Die beiden Autoren geben wertvolle Tipps.

Kontinuität ist der Schlüssel

Maren Ulbrich betont: "Der Verlust von wertvollem Know-how, Kundenbeziehungen und betrieblicher Stabilität stellen die größten Risiken dar, wenn die Nachfolge nicht rechtzeitig und strategisch geplant wird."

Sie empfiehlt, bereits fünf bis zehn Jahre vor dem geplanten Ausscheiden des Inhabers mit der Planung zu beginnen, um genügend Zeit für die Auswahl eines geeigneten Nachfolgers, die Regelung rechtlicher und steuerlicher Fragen sowie die Einbindung der Mitarbeiter zu haben.

"Es geht nicht nur um die formale Übergabe, sondern um die Sicherstellung der Kontinuität und die Zukunftsfähigkeit des Betriebs", fügt Maren Ulbrich hinzu. Die Herausforderungen – wie der potenzielle Wissensverlust und der notwendige kulturelle Wandel – sollten daher frühzeitig erkannt und angegangen werden.

Kundenbindung priorisieren

Damit während der Übergabe von Generation zu Generation keine Kunden abspringen, ist es wichtig, bereits im Vorfeld Vertrauen aufzubauen. Familienunternehmen haben den großen Vorteil, dass sie oftmals eine langjährige Geschichte vorweisen können. Dieses Alleinstellungsmerkmal in den Vordergrund zu stellen, hilft dabei, den Kunden über die Transition hinweg Sicherheit zu geben und erweckt auch beim potenziellen Nachfolger Vertrauen.

Marius Stäcker rät, den Betrieb wie eine Marke zu betrachten: "Mithilfe der Firmenwebsite und der sozialen Medien lässt sich die langjährige Historie nach außen tragen: Wie viele Jahre ist das Unternehmen schon im Geschäft? Über wie viele Generationen hinweg? Was waren wichtige Meilensteine? Fotos unterstreichen die Geschichte zusätzlich."

Denn Kunden mit einer emotionalen Verbindung zum Betrieb fühlen sich auch bei einer Übernahme in sicheren Händen – egal, ob der neue Besitzer aus der Familie stammt oder nicht.

Wie digitale Tools die Nachfolge erleichtern

Um dem Wissensverlust bei der Übergabe entgegenzuwirken und den Prozess so einfach wie möglich zu gestalten, ist es von Vorteil, wenn bestimmte Prozesse bereits digital laufen.

"Software ermöglicht es, wichtige Informationen zentral zu speichern und für den Nachfolger einfach zugänglich zu machen. Beispielsweise lässt sich so auch die jeweilige Kundenhistorie unkompliziert nachvollziehen, und alle laufenden Projekte sind auf einen Blick einsehbar", rät Marius Stäcker.

Ihm zufolge kann die Bereitschaft, sich auf digitale Transformation einzulassen, den Unterschied zwischen einer erfolgreichen und einer gescheiterten Nachfolge ausmachen. Denn besonders für junge, technikaffine Nachfolger hat ein modern ausgestatteter Betrieb eine hohe Anziehungskraft. Zudem steigert die Digitalisierung die Wettbewerbsfähigkeit und erhöht dadurch seinen Wert.

Wie viel ist mein Betrieb wert?

Doch wie lässt sich der Wert des Unternehmens überhaupt ermitteln? "Wir beobachten, dass gut aufgestellte Handwerksbetriebe aktuell zum Drei- bis Vierfachen des Jahresgewinns verkauft werden. Macht ein Betrieb beispielsweise 200 000 Euro Gewinn, könnte ein realistischer Verkaufspreis bei 600 0000 bis 800 000 Euro liegen. Der genaue Multiplikator hängt jedoch davon ab, wie gut der Betrieb positioniert ist", erklärt Marius Stäcker.

"Es fließen der Mitarbeiterbestand (etwa das Alter und die Qualifikation der Belegschaft), die Kundenstruktur (wie differenziert und stabil diese ist), der Standort, die absolute Firmengröße sowie das Wachstumspotenzial der jeweiligen Branche mit ein".

Wie bereits erwähnt, spielt auch der Digitalisierungsgrad eine Rolle – je digitaler und moderner der Betrieb, desto höher sein potenzieller Wert. Einzelunternehmen, in denen ausschließlich der Inhaber tätig ist, müssen jedoch mit einer kleineren Summe rechnen, da nach der Übergabe ein Großteil der Substanz, insbesondere das persönliche Know-how und die Kundenbindung, verloren geht.

Rechtliche Fallstricke vermeiden

Die Expertin für Nachfolgeplanung im Handwerk, Maren Ulbrich, kennt sich mit den komplexen rechtlichen und steuerlichen Aspekten einer Betriebsübergabe aus und rät: "Bleibt das Unternehmen in der Familie, ist das Aufsetzen eines Gesellschaftsvertrags, der die Regelungen der Erbschaft oder Schenkung durch klare Vereinbarungen festhält, essenziell, damit sowohl Inhaber als auch Nachfolger abgesichert sind."

Freibeträge und Vergünstigungen sollten ebenfalls optimal genutzt werden – auch hier lohnt es sich, sich im Vorfeld umfangreich zu informieren, um Steuerlasten zu minimieren.

Fazit

Inhaber haben unzählige Stunden Arbeit, persönliche Hingabe und Herzblut in ihren Handwerksbetrieb gesteckt. Wenn sie in den wohlverdienten Ruhestand gehen, steht das Weiterbestehen der Firma im Vordergrund – unabhängig davon, ob verkauft oder vererbt wird.

Um das Zepter erfolgreich weiterzugeben, sollte der Betrieb modern und effizient aufgestellt sein, damit sich ein passender Nachfolger finden lässt und die Übergabe ohne Verlust von Wissen und Wert vonstattengehen kann.

Die finanzielle Absicherung und das Klären von rechtlichen und steuerlichen Fragen sollten nicht auf die lange Bank geschoben, sondern besser heute als morgen angegangen werden. Sind all diese Punkte geklärt, ist die kommende Generation für die Übernahme gewappnet.


Weitere Informationen: tooltime.app