Integrierte Sonnen­schutz­lösungen müssen heute strengen Anforderungen in Bezug auf Abminderungs­faktoren (FC-Werte) und Gesamt­energiedurchlass einhalten.

Integrierte Sonnen­schutz­lösungen müssen heute strengen Anforderungen in Bezug auf Abminderungs­faktoren (FC-Werte) und Gesamt­energiedurchlass einhalten. (Foto: © Faltenbacher Jalousienbau)

Systeme im Scheibenzwischenraum: Alle Kinderkrankheiten abgestellt

Bereits seit 15 Jahren besteht der Arbeitskreis "Systeme im Scheibenzwischenraum" des Bundesverband Flachglas e.V. (BF), in dem Hersteller und Institute gemeinsam an technischen Verbesserungen durch Normen, Merkblätter und Richtlinien sowie den dazugehörigen Laborprüfungen und praktischen Entwicklungen arbeiten.

Blendschutzsysteme im SZR gibt es spätestens seit den 1980er-Jahren. Sie wurden als wartungsfreie, witterungsgeschützte Sonnen- und Blendschutzlösung entwickelt, die gleichzeitig ästhetisch ansprechend und pflegeleicht ist. Doch "schwarze Schafe" unter den Systemen litten bis ins erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends unter einer hohen Fehleranfälligkeit, die noch heute für einen – inzwischen ungerechtfertigt – schlechten Ruf sorgt.

Welche Probleme das waren und wie diese über die Schaffung von normativer "Verbindlichkeit" und Richtlinien erfolgreich abgestellt wurden, beleuchten die Arbeitskreismitglieder Werner Stiglauer (Rosenheimer Glastechnik GmbH), Mirco Röttger (Faltenbacher Jalousienbau GmbH & Co. KG), Claudio Cauti (ScreenLine GmbH & Co. KG) und Joachim Wilke (isophon glas GmbH).

Problemfall Hitzeentwicklung im Scheibenzwischenraum

Bildhaft gesprochen, waren die Kindheit und Adoleszenz von Sonnenschutzsystemen im Scheibenzwischenraum von Herausforderungen geprägt, wie Werner Stiglauer, Sprecher des Arbeitskreises berichtet:

"Ein Problem war zum Beispiel die Hitzeentwicklung im Scheibenzwischenraum. Besonders bei unbelüfteten Systemen staute sich die Wärme im SZR stark auf (teilweise > 70 Grad Celsius), was die Funktionalität der Mechanik und die Lebensdauer der Materialien beeinträchtigte. Die hohen Temperaturen führten bei manchen Systemen zu Verformungen, Farbveränderungen oder kompletten Ausfällen der Steuerung. Dazu kam eine mechanische Anfälligkeit im Zusammenspiel der Toleranzen der festen und flexiblen Materialkomponenten." 

Heute: Zuverlässigkeit durch Verbindlichkeit 


Heute ist die Technik ausgereift und zuverlässig, dank geprüfter, langlebiger Materialien, effektiverer Abdichtung, motorischer Steuerung und sogar Smart-Home-Kompatibilität. Hierzu hat auch das Wirken des Arbeitskreises entscheidend beigetragen – über die Schaffung von Richtlinien für die Praxis. Das im Arbeitskreis erarbeitete BFMerkblatt 005 (2009) definierte erstmals klare Verarbeitungshinweise: Planung, Montage, statische Anforderungen, Materialwahl – alles nach anerkannten Regeln auf dem Stand der Technik.

Das BF-Merkblatt 011 (2012/2020) führte als Planungsleitlinie für MIGIS (bewegliche Systeme im Mehrscheibenisolierglas) quantitative, unter Normen abgesicherte Qualitätsstandards ein. Zusätzlich stützte die BFInformation 014 (2019) die Gebrauchstauglichkeit, zum Beispiel zur Lebensdauer von Motoren etc. und auch zum korrekten Nutzerverhalten.

Zentrale Rolle der ift-Richtlinie

Blendschutzsysteme werden sicher im Scheiben­zwischen­raum von Mehrscheibensystemen installiert und sind laut des Arbeitskreises beim Abschattungsfaktor mit außenliegenden Systemen vergleichbar.  Foto: © Isophon GlasBlendschutzsysteme werden sicher im Scheiben­zwischen­raum von Mehrscheibensystemen installiert und sind laut des Arbeitskreises beim Abschattungsfaktor mit außenliegenden Systemen vergleichbar.  Foto: © Isophon Glas

Werner Stiglauer ist überzeugt, dass letztlich auch die vom ift Rosenheim entwickelten Richtlinien der Serie "VE-07" (Nr. 1, 2, 3) eine zentrale Rolle für die Qualitätssicherung von Sonnenschutzsystemen im Scheibenzwischenraum spielten: "Sie haben maßgeblich dazu beigetragen, dass viele Kinderkrankheiten inzwischen überwunden wurden."

Die Richtlinie VE07 beschreibt spezifische Prüfverfahren zur Beurteilung der Gebrauchstauglichkeit, Haltbarkeit und Funktionalität von Isoliergläsern mit integriertem Sonnenschutzsystem (MIG-IS) und wurde mit jeder Neuauflage an die jeweiligen Praxiserfahrungen und gestiegenen Anforderungen am Bau und in der Nutzung angepasst.

Die derzeit gültige Version 3 umfasst eine umfangreiche Erstprüfung der jeweiligen Systeme mit unterschiedlichen Maßen auf Funktionalität und Langlebigkeit unter realgetreu nachgestellten Bedingungen der thermischen Belastung und des üblichen Gebrauchs.

Werner Stiglauer: "Die Schaffung dieser ift-Richtlinie war ungeheuer wichtig, weil es früher zwar viele Produkte am Markt gab, jedoch keine einheitlichen Prüfmaßstäbe, um die Funktionssicherheit, Dauerhaftigkeit und Kondensatsicherheit nachzuweisen." Hersteller arbeiteten oft mit eigenen Prüfungen und unterschiedlichen, oft zu kleinen Abmessungen – wenig vergleichbar, wenig verbindlich.

Claudio Cauti erläutert: "Heute gelten Produkte mit nachgewiesener ift-Prüfung mit über 20 000 Fahrzyklen als funktionsstabil und technisch beherrscht, was Haftungsrisiken reduziert und die Planungssicherheit für Architekten und Bauherren erhöht, insbesondere für Ausschreibungen im Objektbau. Letztlich ist die ift-Prüfnorm VE07, die die Gebrauchstauglichkeit und Funktion belegt, für uns als Jalousienbauer schon seit 2019 die Grundlage aller Zulassungen im SZR."

Sonnenschutz: Klare Regelung durch DIN 4108-2


Für Planungssicherheit sorgte auch die DIN 4108-2 (seit 2013 verbindlich im Gebäudeenergiegesetz) die den sommerlichen Wärmeschutz klar regelt. Integrierte Sonnenschutzlösungen mussten nun strengen Anforderungen in Bezug auf Abminderungsfaktoren (FC-Werte) und Gesamtenergiedurchlass einhalten. Gute FC-Werte sind entscheidend für die Bewertung des sommerlichen Wärmeschutzes bei Gebäuden.

Der Abminderungsfaktor beschreibt, wie stark ein Sonnenschutzsystem den solaren Wärmeeintrag reduziert, im Vergleich zu einer unverschatteten Verglasung. Zudem kann durch die Multifunktion mit Isolierglas und Sonnenschutz in einem Produkt auf den Fc-Wert in der Berechnung verzichtet und der Gesamtenergiedurchgangswerte (gtot) direkt bestimmt werden, was insbesondere die bauphysikalische Planung und Berechnung erheblich erleichtert.

Mirco Röttger hierzu: "Außenliegender und innenliegender Sonnenschutz erhalten eigene Berechnungswerte. Mit diesen lassen sich Sonnenschutzwerte zum Beispiel für die Sanierung detailliert rechnen und es zeigt sich, dass die Werte heutiger Systeme im Scheibenzwischenraum mit denen des außenliegenden Sonnenschutzes absolut vergleichbar sind."

Reflektierende Systeme im Scheibenzwischenraum erreichen heute einen exzellenten gtot-Wert von 0,15 und niedriger – je nach Lamellenwinkel und Sonneneinstrahlwinkel – und damit vergleichbar mit außenliegenden Raffstoresystemen. Sonnenschutz im SZR kann also laut des Arbeitskreises, wenn korrekt ausgeführt, an den FC-Wert von außenliegenden Systemen heranreichen.

Letztlich sind diese Werte maßgeblich für den Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes bei Wohn- und Nichtwohngebäuden nach GEG: Nur Systeme mit geprüften Werten können rechtssicher ausgeschrieben werden – Architekten und Planer verlassen sich darauf. 

Qualitätssteigerung durch neue Materialien und Technologien

Systeme im Scheiben­zwischen­raum finden Anwendung im Fenster- und Fassaden­bau, dank hoher Flexi­bilität und zahlreichen Varianten. Foto: © Rosenheimer GlastechnikSysteme im Scheiben­zwischen­raum finden Anwendung im Fenster- und Fassaden­bau, dank hoher Flexi­bilität und zahlreichen Varianten. Foto: © Rosenheimer Glastechnik

Daneben brachten neue Materialien und Technologien große Qualitätssteigerungen mit sich, wie Claudio Cauti weiß: "Dazu gehören WarmeKanteAbstandhalter zur Reduzierung der Klimalast, Kondensatbildung und mechanischer Verformungen – früher verbreitete Defektquellen, heute abgestellt. Aber auch Gasfüllungen mit Argon, bessere Randverbunde, die die Dauerhaftigkeit und Dämmleistung erhöhten. Regelmäßige werkseigene Produktionstests und externe Qualitätsprüfungen garantieren heute konforme Produkte."

Joachim Wilke weiß zu ergänzen: "Die Auswahl qualitativ hochwertiger Ausgangsprodukte ermöglich heute auch die Fertigung in Glasabmessungen, die in der Vergangenheit zu Problemen geführt haben."

Last but not least haben heutige Systeme auch Vorteile für den Vogelschutz. Mirco Röttger: "In Kombination mit bestimmten außenliegenden Vogelschutzlösungen und einer Lamellenstellung auf ‚Cut-Off‘, das sind rund 45 Grad Abschirmstellung, sodass die höchste Tageslichtreflektion erzeugt wird, konnte bei der Prüfung ein hochwirksamer Vogelschutz nachgewiesen werden.

Und bei geschlossener Lamellenstellung sehen die Vögel auch nachts – da ist etwas im Weg. Wichtig: Der Prüfbericht muss immer für den konkreten Aufbau vorgelegt werden."


Weitere Informationen:Den bebilderten Fachartikel als PDF-Datei herunterladen: Systeme im Scheibenzwischenraum: Alle Kinderkrankheiten abgestellt

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