Auch Fassadenbauer sollten das aktuelle Urteil des Oberlandesgerichts Celle zur Rechtskräftigkeit einer Abnahme im Blick haben. Das Gericht stellt darin fest, dass die Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls durch einen Mitarbeiter des Auftraggebers mit dem Zusatz "i. A." keine rechtsgeschäftliche Abnahme durch den Auftraggeber bewirkt.

Auch Fassadenbauer sollten das aktuelle Urteil des Oberlandesgerichts Celle zur Rechtskräftigkeit einer Abnahme im Blick haben. Das Gericht stellt darin fest, dass die Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls durch einen Mitarbeiter des Auftraggebers mit dem Zusatz "i. A." keine rechtsgeschäftliche Abnahme durch den Auftraggeber bewirkt. (Foto: © Vössing)

Abnahme: i.A.-Unterschrift ohne Folgen

Abnahmeprotokoll unterschrieben – trotzdem keine Abnahme erfolgt: "Abnahme" bedeutet bei den Baujuristen die Entgegennahme und Anerkennung/Billigung des ausgeführten Werkes als im Wesentlichen vertragsgemässe Leistung.

Dass die Abnahme der Bauleistung – auch einer Fassadenbauleistung – längst kein ausschliesslich technischer Vorgang mehr ist, mussten die Baubeteiligten anhand verschiedener Gerichtsentscheidungen in den letzten Jahren lernen.

Die Baupraxis musste beispielsweise zur Kenntnis nehmen, dass ein von den Vertragsparteien unterschriebenes Abnahmeprotokoll den ursprünglich geschlossenen Bauvertrag abändern kann. So kann es passieren, dass aus einer im Bauvertrag vorgesehenen fünfjährigen Gewährleistungsfrist nach Unterzeichnung eines entsprechend gestalteten Abnahmeprotokolls eine Verjährungsfrist von zehn Jahren wird.

Einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle ist ein weiterer Fallstrick für die Baupraxis zu entnehmen. Das Gericht musste sich mit der Frage befassen, ob ein mit "i. A." von Seiten des Auftraggebers unterschriebenes Abnahmeprotokoll die rechtsgeschäftliche Abnahme herbeiführen kann. Die Feststellungen des Oberlandesgerichts Celle sind bemerkenswert.

Aktueller Fall

Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer mit verschiedenen Bauleistungen für den Neubau von vier Produktionshallen. Der zwischen den Parteien geschlossene Bauvertrag sieht eine förmliche Abnahme der erbrachten Leistungen vor. Im Rahmen der förmlichen Abnahme der Bauleistungen wird das Abnahmeprotokoll von einem Mitarbeiter des Auftraggebers mit dem Kürzel "i. A." unterschrieben.

Mit der Erklärung, der Mitarbeiter sei zur Abnahme nicht zeichnungsberechtigt gewesen, hat der Geschäftsführer des Auftraggebers dem Auftragnehmer einige Wochen später das nunmehr auch von ihm unterzeichnete Abnahmeprotokoll vorgelegt, in dem er handschriftliche Änderungen vorgenommen hat.

Im Rahmen der Rechtsstreitigkeiten um den Restwerklohn des Auftragnehmers musste sich schließlich das Oberlandesgericht Celle mit der Frage befassen, ob die Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls durch den Mitarbeiter des Auftraggebers mit dem Kürzel "i. A." ausreichend ist, oder ob die Abnahme der ausgeführten Bauleistungen erst mit der Abnahmeerklärung des Geschäftsführers erfolgt ist (OLG Celle, Urteil vom 19.09.2019, Az. 6 U 37/19; BGH, Beschluss vom 26.08.2020, Az. VII ZR 226/19).

Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle

Das Oberlandesgericht Celle stellt fest, dass die Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls durch den Mitarbeiter des Auftraggebers mit dem Kürzel "i. A." nicht ausreicht. Das Gericht hat im Ergebnis auf die spätere Abnahmeerklärung des Geschäftsführers abgestellt. Die Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls mit dem Zusatz "i. A." bewirke mithin keine rechtsgeschäftliche Abnahme durch den Auftraggeber.

Unterzeichnet ein Mitarbeiter des Auftraggebers das Abnahmeprotokoll mit "i. A.", bringe er aus Sicht des Oberlandesgerichts Celle dadurch zum Ausdruck, dass er keine Verantwortung für den Inhalt des Abnahmeprotokolls übernimmt.

Dies sei für den Auftragnehmer erkennbar und schließe eine rechtsgeschäftliche Abnahme aus. In einem solchen Fall erfolge die Abnahme aus Sicht des Gerichts erst durch die Abnahmeerklärung bzw. die Abnahmebestätigung des Auftraggebers (OLG Celle, Urteil vom 19.09.2019, Az. 6 U 37/19; BGH, Beschluss vom 26.08.2020, Az. VII ZR 226/19).

Für die Praxis

Der Umstand, dass Abnahmeprotokolle von der Auftraggeberseite mit dem Zusatz "i. A." unterzeichnet werden, ist keineswegs selten und auch bei der Abwicklung von Fassadenbauverträgen zu beobachten. Bei einer näheren Betrachtung der Verwendung bzw. des Einsatzes des Kürzels "i. A." ist die Rechtsansicht des Oberlandesgerichts Celle nicht zwingend; erfolgt doch der Einsatz des Kürzels gerade dann, wenn Erklärungen abgegeben und Rechtswirkungen hergestellt werden sollen.

Gleichwohl ist der Auftragnehmerseite im Hinblick auf die aktuelle Entscheidung aus Celle anzuraten, während oder besser vor einem Abnahmetermin die Berechtigung der Teilnehmer zu klären und gegebenenfalls dafür zu sorgen, dass der Abnahmetermin auch von Seiten des Auftraggebers mit einem hinreichend berechtigten/ bevollmächtigten Vertreter besetzt wird.

Ansonsten besteht das Risiko, dass der Auftragnehmer ein (von Seiten des Auftraggebers mit "i. A.") unterzeichnetes Abnahmeprotokoll zu seinen Unterlagen nimmt und beispielsweise später bei der Vorlage seiner Schlussrechnung erfährt, dass bislang keine Abnahme erfolgt und somit jedenfalls zeitnah nicht mit einer Zahlung zu rechnen ist.

Einmal mehr zeigt die aktuelle Gerichtsentscheidung, dass Abnahmetermine insbesondere von der Auftragnehmerseite geordnet vorzubereiten und vorgelegte Abnahmeprotokolle vor dem Unterzeichnen sorgfältig zu lesen sind.

Von Jörg Teller
Der Rechtsanwalt ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in der Frankfurter Kanzlei SMNG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.smng.de).

Weitere Informationen: Den bebilderten Fachartikel als PDF-Datei herunterladen: Abnahme: i.A.-Unterschrift ohne Folgen

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