Die Begeisterung für Forschung, Prüfung und Technik hat Prof. Ulrich Sieberath 37 Jahre begleitet.

Die Begeisterung für Forschung, Prüfung und Technik hat Prof. Ulrich Sieberath 37 Jahre begleitet. (Foto: © ift Rosenheim)

Wechsel an der Spitze des ift Rosenheim

FASSADE - Aktuell

Januar 2020

Prof. Ulrich Sieberath hat sich zum Ende des Jahres in den Ruhestand verabschiedet. Neuer Institutsleiter ist Prof. Jörn P. Lass von der TH Rosenheim.

Professor Sieberath hat im ift Rosenheim in 37 Jahren Enormes geleistet, insbesondere in den letzten 16 Jahren als Institutsleiter. Durch sein großes Fachwissen, seine Begeisterung für Technik und Forschung und seinen Ideenreichtum, aber auch durch sein Engagement in der Normung und anderen Gremien hat er das Institut und die ganze Fenster- und Fassadenbranche geprägt – in Deutschland, Europa und weltweit.

Nach einer kreativen Pause wird er dem ift Rosenheim und der Branche als Autor und Referent weiter erhalten bleiben. Sein Nachfolger wird ab Januar 2020 Prof. Jörn P. Lass, der seit 36 Jahren in der Fenster- und Fassadenbranche tätig ist – davon 14 Jahre in verschiedenen Führungsaufgaben im ift Rosenheim und zuletzt 6 Jahre an der Technischen Hochschule Rosenheim als Leiter der Studienrichtung "Gebäudehülle".

Bereits zu den Rosenheimer Fenstertagen 2019 wurde Prof. Ulrich Sieberath von den Teilnehmern mit langem Applaus für 37 erfolgreiche Jahre im Dienst der Branche geehrt. Von Astrid Wirges (Geschäftsführerin DIN) wurde er als "Vater" der Produktnorm für Fenster und Türen sowie für seine großen Verdienste in der Normungsarbeit mit der DINEhrennadel gewürdigt. Von der Rosenheimer Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer erhielt er die Verdienstmedaille der Stadt Rosenheim.

Fenstertechnik weiterentwickeln

Nach den Gründen für diesen bemerkenswerten Werdegang gefragt, sagt Prof. Ulrich Sieberath: "Mein Berufsweg begann früh, denn ich habe schon als Kind die Fensterwerkstatt meines Vaters besucht. Ich war begeistert von den technischen Geräten und wie aus Holzstücken auf wunderbare Weise ein Fenster entsteht. Nach der Schreinerausbildung hat mir mein Vater geraten, im fernen Rosenheim bei Professor Seifert die Fensterbaukunst ingenieurmäßig zu vertiefen."

Nach einem Praxissemester im Institut für Fenstertechnik war klar, dass er als Ingenieur die Fenstertechnik weiter entwickeln wollte. Dieses Motiv hat ihn dann die nächsten 37 Jahre begeistert. Das lag sicher auch daran, dass seine Vorbilder Prof. Seifert und Prof. Schmid immer genau wussten, wann man "dem Sieberath" neue Aufgaben geben musste. Gleich zu Beginn waren es Forschungsprojekte wie "Wohnungsabschlusstüren", "Einbruchhemmende Türen oder Fenster" oder "Lüftung im Wohnungsbau".

Gleich nach seinem Eintritt ins ift Rosenheim musste er das Normenwerk zur Einbruchhemmung bearbeiten. Dabei war die Besonderheit, dass eine statische mechanische Prüfung den Erfindungsreichtum der Einbrecher nicht abdecken konnte. Deshalb wurde gemeinsam mit der Kriminalpolizei das Täterverhalten analysiert. Darauf aufbauend entstanden die Idee des "Normeinbrechers" und die manuelle Prüfung mit der Angriffszeit als Bewertungskriterium.

Umgang mit Normen vereinfachen

Die Durchsetzung dieses unkonventionellen Konzepts war nicht einfach, hat sich aber schließlich doch etabliert und gilt bis heute. Die Erfahrungen aus dieser Zeit haben sein gesamtes Arbeiten im ift Rosenheim geprägt, das sich durch eine optimale Kombination aus Pragmatismus, Kreativität und fundiertem Ingenieur-Wissen auszeichnete. Mit diesen "Erfahrungen" begann dann 1989 die große Aufgabe der europäischen Normungsarbeit, mit der Entwicklung harmonisierter und EU-weit gültiger Produktnormen.

Prof. Jörn P. Lass hat ab dem 1. Januar 2020 die Institutsleitung des ift Rosenheim übernommen. Foto: © ift RosenheimProf. Jörn P. Lass hat ab dem 1. Januar 2020 die Institutsleitung des ift Rosenheim übernommen. Foto: © ift Rosenheim

Im Fokus stand das Werk der DIN EN 14351-1 als europäische Produktnorm für Fenster und Außentüren beginnen. Dies hat über 20 Jahre gedauert, aber Maßstäbe für die objektive Ermittlung der Produkteigenschaften gesetzt. Als Ingenieur mit praktischem Hintergrund entwickelte er dabei Normen, die sachlich sinnvoll und in der Praxis leicht anwendbar sind. Prof. Sieberath hatte immer viel Verständnis, wenn Betriebe und Handwerker über zu viele Regeln bei Technik sowie Arbeits- und Steuerrecht stöhnen. Aber er machte immer klar, dass die Normung die Sprache der Technik ist und die Konstruktion, das Angebotswesen und die Ausführung erheblich vereinfachen.

Vorschriften haben immer auch zu neuen Technologien geführt, die deutschen Betrieben einen technischen Vorsprung verschafft haben. Ein wichtiges Beispiel ist das energieeffiziente Bauen, dass im Wesentlichen durch die Wärmeschutzverordnung angeschoben wurde. Prof. Sieberath steckte immer viel Zeit in ift- Serviceleistungen, um den Umgang mit Normen für die Praktiker zu vereinfachen, beispielsweise das ift-Normenportal, den ift-Montageplaner oder den CE-Generator.

Institutsleitung und Geschäftsführung seit 2004

Quasi nebenbei lernte er von erfahrenen Kollegen die "Normungsdiplomatie", die ihm auch sehr gut bei seiner späteren Arbeit als Institutsleiter geholfen hat, bei der er ja oft zwischen den Interessen von Fensterherstellern, Zubehörlieferanten, Systemgebern, Verbänden und Behörden vermitteln musste.

Neben der Normungsarbeit und als Leiter der Türenabteilung kamen neue Aufgaben auf ihn zu, beispielsweise 1994 der Aufbau der ift-Zertifizierungsstelle. Die jahrelangen Erfahrungen in allen Aufgabenfeldern des ift Rosenheim führten dann 2002 zur Ernennung als stellvertretender Institutsleiter. 2001 erfolgte der Aufbau der Fassadenprüfung in Deggendorf und der Brandprüfeinrichtungen in Nürnberg sowie 2003 die Übernahme der Schallprüfeinrichtungen von Prof. Fritz Holtz in Kragling.

Als logischer Schritt begann dann 2004 die Institutsleitung und Geschäftsführung zusammen mit Dr. Jochen Peichl. Diese "Doppelspitze" mit der Aufgabenteilung zwischen Technik und Finanzen hat sich als optimale Lösung erwiesen. So konnten beide gemeinsam das Institut von damals ca. 7 Mio. Euro Umsatz auf heute knapp 23 Mio. Euro mit 230 Mitarbeitern entwickeln.

Auszeichnung für langjährige Lehrtätigkeiten

Die Professur 2012 war eine Auszeichnung für seine langjährigen Lehrtätigkeiten seit 1984 und das innovative Weiterbildungsangebot ED PRO, dass er gemeinsam mit Prof. Heinrich Köster (Präsident der Hochschule Rosenheim) entwickelte. In idealer Weise wurde dabei Theorie und Praxis im Masterstudiengang "Fenster und Fassade" kombiniert.

Die obligatorische Frage nach seinen Plänen für den aktiven Ruhestand beantwortet Prof. Sieberath in seiner humorvoller Art: "Ich bin dann mal weg, aber nicht auf dem Jakobsweg, sondern im Aktivstand. Nach 37 wunderbaren und erfüllten Berufsjahren im ift Rosenheim will ich die neue zeitliche Freiheit für meine Familie und für Reisen in Länder nutzen, die ich bislang nur geschäftlich besuchen konnte. Nach einer kreativen Pause werde ich dann meine Erfahrung und mein Wissen an die nächste Generation von Ingenieuren, Technikern und Meistern gerne weitergeben. So bleibe ich dem ift Rosenheim und der Branche noch erhalten."

www.ift-rosenheim.de