Der Themenschwerpunkt der hochkarätigen Veranstaltung lautete in diesem Jahr "Fassade im Kreislauf". Über 180 Branchenvertreter:innen nahmen teil. Geboten wurden ihnen hochinteressante Fachvorträge und ein außergewöhnliches Rahmenprogramm. Bereits zum 5. Mal richtete sich das FORUM FASSADE an Planer, Berater, Techniker, Generalunternehmer, Systemhäuser und Fassadenbauer, und es überzeugte erneut mit hochinteressanten Fachvorträgen und einem nicht minder interessanten Rahmenprogramm.
Der Veranstaltungsort, in diesem Jahr der Hockenheimring, war in bewährter Tradition von FORUM FASSADE wieder herausragend und bot den Teilnehmenden exklusive Einblicke in die Welt des Rennsports. Die meisten von ihnen waren im Vorfeld vermutlich noch nie durch die Boxengasse des international bekannten Rennparcours flaniert, hatten noch nie ein Selfie auf dem erhabenen Siegerpodest gemacht, auf dem der siebenfache Weltmeister Lewis Hamilton als letzter Formel 1-Rennfahrer seinen Sieg feierte, und waren wohl auch noch nie auf der Start-und-Ziel-Geraden der Rennstrecke spaziert.
Der Flachglas Markenkreis und Gebäudehülle machten es möglich. Auch das FORUM FASSADE 2025 hat damit gute Chancen, als Veranstaltungs-Highlight in Erinnerung zu bleiben.
"Fassade im Kreislauf"
Martin Reick (4.v.l.), Anwendungstechniker beim Flachglas Markenkreis, moderierte wie schon in den Vorjahren auch das 5. FORUM FASSADE. Im Bild mit ihm die Referenten (v.l.): Marcel Reshamvala (Bollinger + Grohmann), Thomas Haltenhof (Schüco), Jan Jung (Ed. Züblin AG), Dr. Cristian Eibl (Pilkington Deutschland), Prof. Christian Niemöller (SMNG) und Benjamin B. Bargetzi (KeynoteSpeaker). Foto: © VössingAber das Rennambiente war nur der exklusive Rahmen der alle zwei Jahre stattfindenden Veranstaltung, Hauptanliegen war die Informationsvermittlung zum hochaktuellen Thema "Fassade im Kreislauf". Es ging um Zirkularität im Fassadenbau und insbesondere um Nachhaltigkeit und die Möglichkeiten und Rahmenbedingungen des Recyclings und der Wiederverwendung (Re-Use) von Fassadenelementen.
Angesichts dieser Thematik scheint eine Rennstrecke, auf der Spritverbrauch und CO2-Ausstoß der Fahrzeuge eher eine untergeordnete Rolle spielt, auf den ersten Blick keine angemessene Location zu sein. Aber Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit sind auch für den Betreiber des Hockenheimrings längst ein wichtiges Thema, und es wurde bereits viel unternommen, um den CO2-Fußabdruck zu reduzieren.
Marco Corbari vom Betreiber-Team berichtete von zahlreichen Maßnahmen, wie beispielsweise der Montage großflächiger Photovoltaikanlagen, der Installation einer smarten Gebäudesteuerung und der Umstellung des gesamten Ring-Areals auf LED-Leuchtmittel.
Große Chancen durch KI
In der Keynote des Tages ging es noch nicht um Kreislaufwirtschaft. Der Schweizer Benjamin B. Bargetzi, ehemaliger Mitarbeiter renommierter US Tech-Unternehmen und einer der TOP-Keynote Speaker zum Thema KI in Europa, vermittelte einen tiefen Einblick in die Möglichkeiten, die Künstliche Intelligenz eröffnet und die sich daraus ergebenden Chancen, auch für die Betriebe der Baubranche.
Trotz der mit KI verbundenen Risiken sieht er viele sehr sinnvolle Entwicklungen. Bargetzi: "Wir haben noch nicht die KI, von der wir alle träumen, aber wir merken, dass es in diese Richtung geht." Die tiefste Emotion des Menschen sei nicht die Liebe, sondern die Angst, erklärte der Referent. Auch bei KI müsse man sich von der Angst vor dem Neuen befreien und bewusst die positiven Möglichkeiten ins Visier nehmen, die KI dem eigenen Unternehmen für die Weiterentwicklung biete.
Planung mit dem größten Hebel
Die Gelegenheit, locker über die Start-Ziel-Linie einer renommierten Rennstrecke zu schlendern, bekommt man nicht oft. Foto: © VössingMarcel Reshamvala, Bauingenieur und Projektleiter beim Ingenieurbüro Bollinger + Grohmann, konzentrierte sich in seinem anschließenden Vortrag auf die Zirkularität in der Fassadenplanung. Dabei sei es wichtig, so der Referent, zunächst zu eruieren, wo bei einem Gebäude die Emissionen entstehen. Habe man die entsprechenden Daten, liege der größte Hebel, den CO2-Ausstoß niedrig zu halten, in der Planungsphase. Reshamvala: "Wenn wir Zahlen haben, können wir darüber sprechen, wie wir CO2 einsparen können und wie wir Zirkularität schaffen."
Bei Bollinger + Grohmann bringe man die Masse an Informationen und Daten mit einem speziellen Tool in Struktur. Dann könne man für jede individuell zusammengestellte Fassade den CO2-Footprint ermitteln. Grundsätzlich ermögliche erst die Generierung der Fakten über die Enviromental Product Declarations (EPDs) exakte Beurteilungen unterschiedlicher Konstruktionen.
Vergleichsdaten per Tastendruck
Auch Thomas Haltenhof, Head of Group Innovation bei Systemhaus Schüco, widmete sich in seinem Vortrag den Lösungen für nachhaltiges Bauen in Neubau und Bestand und betonte, die Thematik sei keinesfalls nur ein Trend, sondern die Zukunft. Man müsse sich also zwingend damit beschäftigen.
Mit der Software SchüCal könnten sich Anwender bereits auf Tastendruck den CO2-Äquivalentwert verschiedenster Konstruktionen anzeigen lassen. Für die Beurteilung des verbauten Materials biete Schüco die IOF-Markierung (IOF ID) mit QR-Code an, und mit Value Up habe das Unternehmen ein Konzept mit umfangreicher Toolbox für die Ertüchtigung von Bestandsgebäuden entwickelt.
Jan Jung, Bereichsleiter Fassadentechnik bei der Ed. Züblin AG, berichtete dem Plenum über die Ertüchtigung des firmeneigenen Bestandsgebäudes Z-zwo in Stuttgart zu einem zukunftsfähigen und nachhaltigen Bürokomplex mit DGNB-Zertifizierung in Gold. Sein Rat: "Bei einem solchen Projekt ist ein ganzheitlicher Ansatz und die frühe Beteiligung aller betroffenen Gewerke überaus wichtig."
Zu wenig hochwertiges Altglas
In der Boxengasse wurde noch an PS-starken Rennboliden geschraubt. Der eine oder andere Mechaniker war auch bereit, sich den interessierten Fragen der Forumsteilnehmer zu stellen. Foto: © VössingDie Problematik, genügend reines Bauglas aus dem Bestand für den erneuten Einsatz in den Glaswannen zu sammeln, sprach Dr. Cristian Eibl vom Glashersteller Pilkington Deutschland an. Neben den Bemühungen, über den Einsatz von regenerativen Energien den Schadstoffausstoß der Glaswannen zu reduzieren, sei der Einsatz von Altglas ein probates Mittel, um den CO2-Footprint von neuem Glas zu reduzieren, berichtete er, denn durch den Einsatz von Scherben benötige man bei der Schmelze weniger Rohstoffe und weniger Energie.
Allerdings sei der Scherbenanteil in der gesamten Glasschmelze nach wie vor recht klein. Es gebe einfach nicht genügend verwendbare Scherben im Markt, auch weil das verfügbare Glas die richtige Qualität haben müsse.
Wiederverwendung von Fassadenbaustoffen
Über 180 Personen auf einem Gruppenfoto, dafür bot sich die Start-Ziel-Gerade des Hockenheimrings geradezu an. Foto: © VössingDie rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Wiederverwendung von Fassadenbaustoffen standen im Fokus des abschließenden Vortrags von Rechtsanwalt Prof. Christian Niemöller (SMNG). Er stellte die Frage in den Raum, ob bei der Wiederverwendung von Fassadenmaterialien die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit erfüllt werden kann und kam zu dem Schluss, dass es schwierig ist, bei schon genutzten Materialien diesbezüglich dezidierte Aussagen zu treffen.
Ein wichtiges Thema sei auch die Speicherung von Daten zu Gebäuden und eingesetzten Materialien. Der Zugang müsse dauerhaft gesichert sein, weil beispielsweise der Nachweis der Recyclingfähigkeit erst Jahre nach der Baufertigstellung relevant werde. Wenn dann das Datenmaterial nicht mehr vorliege, gebe es ein Problem.
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