Frage 5

Welches Bewusstsein bzgl. der Verantwortlichkeiten der im Bauprozess Beteiligten besteht im Zusammenhang mit der Erstellung des BIM-Modell in den einzelnen HOAI Planungsphasen?

Foto: © Wilfried Dechau

Prof. Andreas Hild (Inhaber Hild und K Architekten)

IIm BIM Prozess müssen die Planer gemeinsam und zum Teil zu erheblich früheren Zeitpunkten als bisher Entscheidungen treffen. Das bedingt, dass alle Planer ein ähnliches Leistungssoll und ähnliche Verbindlichkeitsanforderungen haben. Entsprechendes gilt natürlich auch für den Bauherrn.

 

Foto: © Metall- und Elementbau HASKAMP

Mathias Krause-Haskamp (Geschäftsführer Metall- und Elementbau HASKAMP)

Es muss klar sein, dass ein BIM-Modell mit dem Charakter einer Entwurfsplanung keine Basis für eine HOAI Planungsphase 5 sein kann. Leider beobachten wir bei vielen Bauvorhaben diese Entwicklung und stellen fest, dass die übergebene Ausführungsplanung in vielen Punkten nicht über die Entwurfs- oder Leitplanung hinausgeht.

Der Metall- und Fassadenbauer wird dann regelmäßig zum Ausführungsplaner und übernimmt Leistungen aus dem Leistungsumfang des Planers. Aus unserer Sicht beinhaltet die Erstellung eines BIM-Modells die verbindliche Vorgabe der technischen Ausführung, die Darstellung aller Konstruktionspunkte im Modell und die klare Erkennung von Leistungsgrenzen zwischen den verschiedenen Gewerken bzw. Zuordnung von Leistungen zum jeweiligen Gewerk.

Die größte Herausforderung liegt in Kernsatz: "Erst planen, dann bauen." Aktuell stellt sich ein anderes Bild dar. Das "baubegleitende Planen" ist gängige Praxis und führt zu erhöhten Risiken und einer Verschiebung der Verantwortlichkeiten. Dieses Bewusstsein muss bei Planern und Bauherrn präsent sein. Sofern dieser Grundsatz nicht gelebt wird, wird das BIM-Modell nicht den erhofften Mehrwert bringen.

Foto: © GRAPHISOFT, München

Dipl.-Ing. Architektur Holger Kreienbrink, Leitung Produktmanagement D/Ö Graphisoft Deutschland)

Die HOAI schreibt keine Methode vor. Es liegt also an den Projektbeteiligten, sich über die Planungsmethode auszutauschen. Grundsätzlich sollte gelten: Soviel BIM wie nötig. Und nicht soviel wie möglich. Es geht bei BIM um Kommunikation und die Verbesserung der Projektabläufe. Und damit einhergehend um ein partnerschaftliches Arbeiten der Beteiligten.

 

Foto: © Hitzler Ingenieure

Ludwig Zikeli, (BIM Manager, Projektmanagement im Krankenhausbau, Hitzler Ingenieure)

Seitens der Projektsteuerung ist das Bewusstsein sehr wohl vorhanden, gerade wenn die ersten Schritte in der Implementierung der BIM-Methodik bereits vollzogen sind. Auf Seiten der öffentlichen Bauherren, aber auch der Fachplaner, ist das Verständnis der Rollen nicht immer klar. Gerade die neuen Beteiligten im Gremium, beispielsweise BIM-Manager oder –Koordinatoren, bedürfen oftmals Erklärungsbedarf.

In Projekten, in denen ein Bauherr sich das erste Mal mit dem Thema auseinandersetzt, fehlt meist noch die Erfahrung, dass schon vor Auswahl eines Architekturbüros, Schritte für ein erfolgreiches BIM-Projekt notwendig sind. Hier ist die Funktion des BIM-Managers gefragt, den Bauherren entsprechend zu beraten und mit ihm u.a. die AIA (Auftraggeber-Informationsanforderung) zu verfassen und das Projekt zu gestalten.

Foto: © Allplan

Stefan Kaufmann (Product Manager BIM Strategy and New Technologies, Allplan)

Die BIM-gestützte Planung von Bauwerken wirft viele Fragen auf, die beantwortet werden müssen. Automatisierte Prüfroutinen ermöglichen die effiziente Qualitätsprüfung von BIM-Modellen. Der BIM-Koordinator, der diese Prüfungen durchführt, kann jedoch nicht die Verantwortung für die Richtigkeit aller möglichen Prüfungen übernehmen.

Er kann die geometrische Konsistenz prüfen und die Vollständigkeit der Modelle bezüglich der Informationsanforderungen im Projekt. Die Verantwortung für die inhaltliche Richtigkeit liegt wie bisher bei den Fachplanern.

Foto: © Carpus + Partner

Dipl.-Ing. Architekt Albert Borucki (Projektleiter Architektur Carpus + Partner)

Das Bewusstsein über die Verantwortlichkeit bei der Erstellung des BIM-Modells ist nach unserer Erfahrung je nach Fachdisziplin und je nach Erfahrung noch sehr unterschiedlich. Es bestehen auf Auftraggeberseite hohe Erwartungen an das BIM-Modell und seinen Informationsgehalt, insbesondere bereits in den ersten Leistungsphasen.

Ebenso treffen wir auf die Erwartungen, dass Dritte die gewünschten Informationen ins BIM-Modell implementieren, da an bisherigen Arbeitsweisen (z. B. Daten in Excel-Listen) noch festgehalten und die BIM-Methodik als Mehraufwand eingeschätzt wird.

Foto: © Frener & Reifer GmbH

Michael Reifer (Leiter Innovation, Management und Betriebsorganisation bei Frener & Reifer GmbH)

Derzeit kann man nur von einem geringen Bewusstsein bzgl. der Verantwortlichkeiten im BIM-Prozess sprechen. Zumeist wird der Ansatz verfolgt die klassische 2D-Arbeitsmethodik in die 3D-Welt und somit ins BIM-Modell zu transformieren. Die Folge ist ein erhöhter Mehraufwand innerhalb der Planungsteams und somit eine zeitliche und finanzielle Mehrbelastung. Mit der BIM-Methodik treten neue Herausforderungen an die Beteiligten auf, wie die Beschaffung neuer Software und neue Stellendefinitionen wie den BIM-Manager.

Die Erfahrung zeigt, dass eine Projektausführung ohne BIM-Manager der die Verantwortlichkeiten und die zur Verfügung zustellenden Informationen koordiniert, kein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt wird. BIM-Strategie und BIM-Team entlang der Wertschöpfungskette Bau müssten, abhängig von der Komplexität des Bauvorhabens, mit dem Projekt mitentwickelt werden und die notwendigen Kompetenzen und Verantwortlichkeiten, sowie die gelieferten Informationen in den jeweiligen Phasen definiert werden.

Der BIM-Manager muss aus diesem Grund schon im Projektentwicklungs-Kernteam integriert sein, um diese Strategie ausarbeiten und umsetzen zu können. Der Know-how Schutz beziehungsweise die "Intelectual-Property" muss in einer solchen BIM-Strategie auch festgelegt sein und kann über den Detaillierungsgrad der Informationen gesteuert werden.

 
Foto: © HPP Architekten

Jakob Kramer (BIM Manager, HPP Architekten)

Die BIM-Modelle sind das Ergebnis der Planungstätigkeit der jeweiligen Fachdisziplinen. Insofern ist das Bewusstsein für die Erstellung, also die Autorenschaft der BIM-Modelle recht klar. Interessanter wird es bei der Verantwortung für die Rollen, die im BIM-Prozess neu geschaffen wurden. Dies sind insbesondere der BIM-Koordinator und der BIM-Gesamtkoordinator.

Die Aufgaben dieser Rollen sind nicht eindeutig hoheitlich definiert. Somit ist es unerlässlich, bei jedem BIM-Projekt noch in der Beauftragungsphase die Zuständigkeiten im Planungsprozess mit allen Beteiligten gemeinsam zu definieren und festzuhalten.

Foto: © Knippers Helbig

Roman Schieber (Associate Director Knippers Helbig)

Ich erinnere mich an eines unserer Projekte, das mit präzisem und detailliertem BIM-Modell geplant wurde, dem Metallbauer nach Auftragsvergabe aber lediglich ausgedruckte 2D Pläne mit Maßketten als Grundlage für seine Werk- und Montageplanung zur Verfügung gestellt werden konnten, da aus vielerlei Gründen keine Einigkeit darüber bestand, wer für die Korrektheit der Daten im Zweifelsfall verantwortlich ist.

Dieses Beispiel zeigt, dass all der Aufwand und das Potenzial eines solchen Prozesses unter Umständen ad absurdum geführt werden kann, wenn grundlegende Dinge der Verantwortung nicht geklärt sind.

Aus meiner Erfahrung in der internationalen Fassadenplanung kann ich auch sagen, dass die Diskussion über Verantwortung ein sehr nationales Phänomen ist. In Nordamerika z. B. verstehen sich die Planungsbeteiligten viel mehr als ein Team, das gemeinsam ein Projekt realisieren muss. Diese Grundstimmung ist ein wesentlicher Vorteil der die Nutzung eines BIM Prozesses wesentlich begünstigt; vermutlich ist das auch ein Grund warum sich die Bauwirtschaft hierzulande eher nur langsam für das Thema erwärmt.

Foto: © Bina Engel

Stephan Lohre (Projektpartner Tchoban Voss Architekten)

Ein allgemeingültiges Bewusstsein hat sich hier unseres Erachtens noch nicht gebildet. Vertragliche Regelungen und Beschreibungen in der HOAI fehlen bisher sowie tatsächlich auch Erfahrungen.

Die Theoretiker neigen dazu, in BIM einen akademischen Standard zu sehen und oft eine überzogene Detail- und Darstellungstiefe des Modells zu erwarten. Wir vermuten aber noch längere Zeit eine parallele 2D-Detailplanung neben dem BIM-Modell als Ersatz für das M. 1:50 – Planpaket.

Foto: © Hörmann KG

Knut Haufe (Teamleiter Architektenprogramm und BIM, Hörmann KG)

Anders als bei der aktuellen Planung, wird das Bewusstsein der Verantwortlichkeit in der Planungsmethode BIM einen ganz anderen Stand erhalten als jetzt. In BIM wird genau festgelegt, wer für was verantwortlich ist bzw. wer was genau liefern muss. Um die geplanten Abläufe zu koordinieren, wird es BIM Koordinatoren geben.

Insgesamt wird sich der koordinative Teil der Projektplanung bei BIM stark erhöhen. Hierfür müssen im Vorfeld klare Organisationsstrukturen mit klar zugewiesenen Aufgaben und Verantwortungen festgelegt werden.

Foto: © Josef Gartner GmbH

Bernhard Rudolf (Head of Engineering/ OE-Engineering Josef Gartner GmbH)

Vor der Vergabe, also vor Leistungsphase 6, liegen BIM Modelle in der Verantwotung von Bauherren und Architekten. In der Regel ist der Fassadenbauer als Nachunternehmer ab Leistungsphase 7 gefordert. Auch hier führen wir aber noch kein BIM Modell aus, sondern präsentieren dem Bauherren unsere Fähigkeiten und Erfahrungen bei BIM von der neuen Firmenzentrale von Apple in Cupertino bis zur Europazentrale von Google in London. Entscheidend sind die Erwartungen des Bauherrn.

Erst nach der Vergabe, also in Leistungsphase 8, beginnen wir als Nachunternehmer ein BIM Modell unserer Leistungen aufzubauen. Dieses Modell wird dann Schritt für Schritt verfeinert und detaillierter angelegt. In unserem Google-Team pflegen beispielsweise zwei BIMler nur das digitale Modell. Das Team erstellt die Konzeptkonstruktion mit Bauphysik, Statik, Transport und Montage der Fassade, sowie die Schnittplanung mit den vielen unterschiedlichen Formen der weltweit größten Holz-Glas-Fassade.

Foto: © Schüco International

Christian Glatte (Geschäftsführer Schüco Digital GmbH)

Schüco kann hier als Systemgeber nur an alle Beteiligten appellieren, sich ihrer Rolle im Bauprozess bewusst zu sein und ihre Verantwortung für das Bereitstellen und den Austausch zweckmäßiger digitaler Informationen wahrzunehmen. Man muss umfassend miteinander kommunizieren, um ein komplexes Projekt wie ein Bauvorhaben umzusetzen.

Und dabei hilft das Arbeiten mit einem BIM-Modell. Das fängt schon beim Bau eines Einfamilienhauses an und gilt natürlich noch viel mehr für ein Großprojekt. Eine effiziente Informationsbasis und Informationsweitergabe hilft, Zeit und Geld zu sparen und schont die Nerven. Hierfür bietet Schüco seine Erfahrungen und die Unterstützung mit vielfältigen BIM-kompatiblen Services an.

Foto: © Hegenberg + Sellers

Phillip Forchheim (Teamleiter KSP Jürgen Engel Architekten, Frankfurt)

In den frühen Leistungsphasen (LPH 1 – 2 nach HOAI) gilt es, die Planung der Fassade hinsichtlich Funktionalität und Gestaltung mit dem Auftraggeber und den Fachplanern abzustimmen. In den darauffolgenden Planungsphasen (LPH 3 – 5 nach HOAI) wird die Fassade bis ins Detail geplant. Bis zur Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung) planen wir produktneutral. Erst in der Leistungsphase 7 (Vergabe) wird unsere Planung produktspezifisch.

In der Werk- und Montageplanung führen wir die Ausführungsplanung aufgrund der Vergabeergebnisse fort. Wir prüfen die Planung der Fachplaner (des Fassadenplaners) und gleichen diese mit unserer Leitdetailplanung ab. Neben der Typisierung, die auf die Fassade übertragen wird, ist eine Festlegung für die einzelnen Elemente erforderlich, welche Informationen benötigt werden, um beispielsweise ein Leistungsverzeichnis (LV) zu erstellen. In Workshops arbeiten wir hier auch mit bekannten Fassadenherstellern wie Schüco oder Wicona zusammen.

In Zukunft wird es so sein, dass die Firma das Modell mit den Fassadenelementen und Informationen aus der Datenbank bekommen wird, um ihr Angebot zu erstellen. Künftig könnte das BIM-Modell auch als Grundlage für die Fertigung genutzt werden. Dafür müssen Industrie und Planung aber künftig noch enger zusammenarbeiten.

Foto: © Arup Deutschland

Dipl.-Ing. Gregor Kassl (Leiter Fassadenplanung Arup Deutschland GmbH)

In den unterschiedlichen Leistungsphasen sind nur bestimmte Detaillierungsgrade sinnvoll. Das muss allen Beteiligten bewusst sein. Denn die Interessen der Projektpartner können variieren:

Ein Planer, der sein Nutzungskonzept in der Leistungsphase 2 optimiert, wird einen anderen Blick auf das Modell haben, als jemand, der das BIM-Modell später als Facility Management Werkzeugt einsetzen möchte. Es ist daher wichtig, dass sich alle Projektbeteiligten zu Beginn der Planung auf eine vernünftige Basis einigen.

Foto: © Ed. Züblin Ag

Dr. Karoline Fath (Projektleiterin BIM-Koordination, Ed. Züblin AG)

Aktuell haben die am Bauprozess Beteiligten noch ein geringes Bewusstsein bzgl. ihrer Verantwortlichkeiten im BIM-Prozess.

Hier bedarf es eines erfahrenen BIM-Managers oder BIM-Koordinators mit allen Beteiligten von Beginn an die Verantwortlichkeiten und die Art und Weise der von ihnen bereitzustellenden Informationen abzustimmen und im Laufe des BIM-Prozesses anzupassen.

Foto: © Franken-Schotter

Marc Aßmann (BIM-Planer Franken-Schotter GmbH & Co. KG)

Einige Projektbeteiligte versuchen, klassische 2D-Planungsleistungen und deren Prozesse, Darstellungen und Auswertungen in die BIM-Welt zu transportieren. Wenn das nicht zu 100 % funktioniert, dann ist das mit dem BIM wohl nix. Vielfach erfolgt noch in der Gedankenwelt der Schritt von 2D in 3D.

Mit dem Sprung zur BIM-Methodik hat das allerdings nichts zu tun. Das Ergebnis sind Mehrfachplanungen und daraus zeitliche und monetäre Auswirkungen, die wiederum zu Unmut bei der Projektumsetzung führen. Das Wichtigste ist der Inhalt und die Einhaltung des BIM-Pflichtenheftes für alle Projektbeteiligten. Erfolgen hier Fehler, sind diese wie in der klassischen Welt sehr ärgerlich.

Foto: © Dormakaba

Dr. Kai Oberste-Ufer (dormakaba) Fachverband Bauprodukte Digital (productsforbim.com)

Grundsätzlich sollte jeder, der im BIM Prozess mit Daten oder Modellen in Berührung kommt, eine gewisse Sensibilität für die Inhalte haben. Nur weil Daten digital vorliegen, sollte nicht die eigene Kompetenz ausgeschaltet und "blind" den Daten vertraut werden. Bei offensichtlich falschen Daten steht jeder in der Verantwortung, darauf angemessen zu reagieren. Das war in der analogen Welt so und hat auch im digitalen seine Gültigkeit behalten.

Ein besonderes Bewusstsein muss sicherlich der Hersteller haben: Die Daten, die er an die BIM Objekte anhängt sind die Grundlage der weiteren Planung. Sind hier schon Fehle vorhanden, ziehen diese sich durch den Prozess und können am Ende zu Problemen führen. Daher kann ich nur jedem Hersteller raten, hier sehr sorgfältig zu agieren und die Erstellung nicht "mal eben nebenbei" zu machen.

Foto: © Lindner Group

Produktmanagement Lindner Fassaden GmbH

Aktuell bestehen vor allem in Deutschland sehr viele Unklarheiten bezüglich den Verantwortlichkeiten im BIM Prozess aufgrund der geringen Erfahrung mit dieser Arbeitsweise.

In unseren anderen Märkten, wie z.B. UK, ist dieser Prozess gesetzlich geregelt und es wurden schon Projekte mit diesem Werkzeug abgewickelt.