Frage 3

Welche Aufgabe soll/muss das BIM-Modell in den einzelnen HOAI-Planungsphasen erfüllen können, bzw. welche Anforderungen an die Informations- und Detaillierungstiefe des BIM-Modells werden in den einzelnen HOAI-Planungsphasen gestellt?

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Prof. Andreas Hild (Inhaber Hild und K Architekten)

Im Laufe des Planungsprozesses kann das Modell im Idealfall zunehmend zu einer Art digitalem Zwilling des Gebäudes werden. Dem zugrunde liegt eine kontinuierliche Anreicherung des Modells mit Informationen. Es liegt auf der Hand, dass dies durch das Stufenmodell der HOAI nicht genau abgebildet werden kann.

Das führt dazu, dass die Definitionen, welche die HOAI vornimmt, im Allgemeinen in den einzelnen Leistungsphasen übererfüllt werden müssen, ohne dass man den Mehrwert in der entsprechenden Höhe einbringen kann.

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Mathias Krause-Haskamp (Geschäftsführer Metall- und Elementbau HASKAMP)

Das Ideal wäre, dass das BIM-Modell die komplette und vollständige Ausführungsplanung beinhaltet. Dazu gehört, dass alle Konstruktionsdetails innerhalb des Gebäudes dargestellt werden. Sicherlich kann objektspezifisch die Detailierungstiefe differieren, jedoch ist es wichtig, dass alle Konstruktionspunkte in einem BIM-Modell erfasst und erkannt werden.

Dadurch wird auch jedem Beteiligten frühzeitig bewusst, dass es spezielle Punkte innerhalb der eigenen Leistung oder aber auch in den Schnittstellen zu anderen Gewerken gibt. Dieses Bewusstsein und Erkennen von Besonderheiten in einer frühen Phase reduziert die Risiken und Unsicherheiten, die zu Beginn eines Projektes gesehen werden.

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Dipl.-Ing. Architektur Holger Kreienbrink, Leitung Produktmanagement D/Ö Graphisoft Deutschland)

Aus dem Modell sollen sich alle Pläne und Listen (Fenster, Türen, etc.) erstellen lassen, die benötigt werden. Außerdem sollte es zur Mengenberechnung zur Verfügung stehen. Die Daten, normalerweise in den Planungsphasen vorgehalten, können direkt im Modell abgelegt werden.

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Ludwig Zikeli, (BIM Manager, Projektmanagement im Krankenhausbau, Hitzler Ingenieure)

Gerade in den frühen Planungsphasen bietet das BIM-Modell hier klare Vorteile gegenüber der konventionellen CAD-Planung, da die Kosten nicht nur auf Basis rudimentärer Flächenkennwerte hochgerechnet werden können, sondern in genauerer Abhängigkeit zu der tatsächlich angestrebten Variante.

Mit fortschreitendem Planungsverlauf und steigender Detaillierung verbessert sich hier die Genauigkeit der Prognosen – gerade in der Projektsteuerung ein essentielles Werkzeug. In welcher Planungsphase welcher LOD (Level of Development) zu wählen ist, ist in unseren Augen extrem projektabhängig und vor Planungsbeginn im BAP (BIM-Abwicklungsplan) zu definieren.

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Stefan Kaufmann (Product Manager BIM Strategy and New Technologies, Allplan)

Die Informationstiefe der BIM-Modelle hängt von den gesetzten BIM-Zielen, den jeweiligen Anwendungsfällen und den Rahmenbedingungen im Projekt ab. Das kann sehr unterschiedlich sein. Während ein Generalunternehmer in der Werkplanung bei der Beschreibung einer Tür mit zehn Attributen auskommt, können in technisch anspruchsvollen Projekten wie Laboren oder Krankenhäusern auch 100 Attribute vom Planer gefordert werden.

Nicht alle Informationen müssen zwangsläufig direkt in das BIM-Modell einfließen. Es gibt auch die Möglichkeit, Objekte mit zusätzlichen Informationen zu verlinken.

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Dipl.-Ing. Architekt Albert Borucki (Projektleiter Architektur Carpus + Partner)

Die Aufgaben des BIM-Modells in den HOAI-Leistungsphasen: Das BIM-Modell muss immer den Stand der Planungstiefe der jeweiligen Leistungsphase darstellen, sowohl in geometrischer, in konstruktiver und technischer Hinsicht, als auch in Bezug auf den Informationsgehalt der sonstigen Raum- und elementbezogenen Daten.

Die Anforderungen an die Informations- und Detaillierungstiefe des BIM-Modells in den HOAI-Leistungsphasen: Die Anforderungen müssen zum Projektstart durch den Auftraggeber definiert sein, in den sogenannten Auftraggeber-Informations-Anforderungen AiA, die das BIM-Lastenheft darstellen.

Im BIM-Ablauf-Plan BAP, der das BIM-Pflichtenheft darstellt, werden die Anforderungen für das gesamte Projektteam mit Blick auf das Projekt und den abgestimmten Terminplan verbindlich festgeschrieben. Wichtig dabei ist, dass die Informations- und Detaillierungstiefe sinnvoll festgelegt wird. Sie muss der Erkenntnistiefe der jeweiligen Leistungsphase entsprechen. Es gilt auch in der BIM- Methodik das iterative Planen vom Groben ins Feine!

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Michael Reifer (Leiter Innovation, Management und Betriebsorganisation bei Frener & Reifer GmbH)

Ein BIM-Prozess, der einen Mehrwert generieren soll, erfordert ein Umdenken vom konventionellen Planungsablauf zu einer ganzheitlichen und interaktiven Arbeitsweise in allen Phasen des Projektes. Der Detailierungsgrad (LOD "Level of Development") spielt hierbei aus der Sicht von Frener & Reifer eine wichtige Rolle: Damit der notwendige Detaillierungsgrad in den einzelnen Projektphasen erreicht werden kann, müssen alle relevanten Informationen zum richtigen Zeitpunkt in das BIM Modell integriert werden können. Es wird daher notwendig werden, bestehende Vergabemechanismen zu überdenken.

D. h. in Zukunft sollte bereits im Vergabeprozess verbindlich festgelegt werden, wann welche Information in welchem Detaillierungsgrad zu den einzelnen Gewerken ins BIM Modell einfließen müssen, damit alle in der jeweiligen Projektphase notwendigen Informationen im BIM-Modell abgebildet werden können.

Es ist daher vor allem bei komplexen Bauaufgaben notwendig, ausführende Unternehmen möglichst früh in das Projektteam zu integrieren. Bereits im Vergabeprozess muss auch klar hervorgehen, wie die Leistung der BIM Informationsintegration vergütet werden kann.

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Jakob Kramer (BIM Manager, HPP Architekten)

Da die HOAI methodenneutral ist, stellen wir uns bei HPP Architekten auf einen einfachen Standpunkt: BIM-Modelle erfüllen per se den Anspruch, die Informationsdichte eines 2D-Plans der jeweiligen Leistungsphase zu enthalten. So wird in den Leistungsphasen drei und vier so weit detailliert, wie es eine Plandarstellung in 1:100 erfordert, in der Leistungsphase fünf ist der Zielmaßstab 1:50.

Alle Anforderungen des Auftraggebers, die darüber hinaus gehen, sehen wir als besondere Leistungen an. Details erstellen wir nach wie vor in konventioneller 2D-Arbeitsweise. Das hängt einerseits mit der diesbezüglich begrenzten Leistungsfähigkeit von Hard- und Software zusammen. Andererseits sehen wir keinen signifikanten Mehrwert für unsere Planungsleistung in tiefergehender Detaillierung von BIM-Modellen.

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Roman Schieber (Associate Director Knippers Helbig)

Die Vorteile einer höheren Planungstiefe sind unumstritten, jedoch halte ich eine Verallgemeinerung – welche Detaillierungstiefe in welcher Phase sinnvoll ist – für schwierig. Man sollte bedenken, dass ein Verwaltungsbau, ein Kunstmuseum oder eine Glas-Sonderkonstruktion anderen Gesetzmäßigkeiten folgt.

Beim Rückblick auf unsere innovativsten Projekte muss ich feststellen, dass das Ergebnis zu Planungsbeginn in der Regel noch nicht klar erkennbar war und meist in interdisziplinären Teams über Variantenstudien über die Zeit entwickelt wurde. Es kann – bei entsprechenden Projekten – also auch dienlich sein sich anfangs mit vagen Gestaltungsabsichten zu begnügen, bevor man Pfosten und Gläser modelliert und Eigenschaften zuweist.

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Stephan Lohre (Projektpartner Tchoban Voss Architekten)

Die Anforderungen sind natürlich projektspezifisch. Tatsächlich sind diese in der Leistungsphase (Lph) 3 mit BIM grundlegend höher, als bisher. Reichte bisher die zweidimensionale Darstellung prinzipieller Lösungen, sind nun frühzeitig und allumfassend etwa Unterdecken, andere Verkleidungen und Abkofferungen dazustellen. Wir nennen das dreidimensionale Planungsergebnis im Entwurf spaßhaft LPh5-light.

Das BIM hat natürlich den Anspruch für die Lph 6 auf der Basis der Lph 5 die Grundlage zu bieten. Da dies branchenüblich heute aber bereits auf Basis der Phasen 3 und 4 passiert, sind wesentliche Elemente aus der Phase 5 bereits in der Entwurfsplanung in 3D abzubilden.

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Knut Haufe (Teamleiter Architektenprogramm und BIM, Hörmann KG)

Vor allem jeden, der am Projekt beteiligt ist, zu jedem Zeitpunkt mit den für die Planung relevanten Daten und Informationen zu versorgen. Die BIM Modelle sollen – anders als "normale" 3D-Zeichnungsmodelle – in ihrem Detail- bzw. Informationsgrad einstellbar sein, damit sie auch über den gesamten Planungsprozess (alle HOAI Leistungsphasen) verwendet werden können.

Im Ganzen soll durch die Verwendung von BIM Modellen eine größere Planungs-sicherheit bzw. Fehlerreduzierung erreicht werden.

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Bernhard Rudolf (Head of Engineering/ OE-Engineering Josef Gartner GmbH)

BIM Manager der Josef Gartner GmbH erreichen Anfragen zur Detaillierungstiefe in der Angebotsphase, frühestens aber bei der Vorbereitung der Vergabe (LP6). Bei internationalen Projekten wird eine Fertigungsgenauigkeit bei BIM von bis zu 400 LOD (Level of Detail) nach amerikanischem Standard gefordert, was sehr große Datenmengen erfordert.

Abhängig von den Projekten empfehlen wir zunächst LOD 200 bis 350 und nur an komplizierten Schnittstellen von der Fassade zu anderen Gewerken eine höhere Stufe wie LOD 400. Auf einem BIM Kick Off Meeting nach der Vergabe wird neben zeitlichen und technischen Fragen geklärt, was wie geliefert werden soll.

Nach den ersten Genehmigungen von Schnitten etc. kann ein Gebäudegitter und ein frühes BIM-Modell mit LOD 200 bis 350 erstellt werden, das abschnittsweise verfeinert wird. Mit der Firmen-Software PMF kann Gartner das Gebäudemodell mit unterschiedlichen Informationen belegen und verschiedene Detailstufen ausarbeiten.

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Christian Glatte (Geschäftsführer Schüco Digital GmbH)

Vor allem soll das BIM-Modell in der Lage sein, mit den unterschiedlichen Informations- und Detaillierungstiefen in den Planungsphasen und den rollenspezifischen Bedürfnissen der Beteiligten umzugehen. Auch die viel diskutierten Aspekte der Datenmengen und der Datensicherheit müssen berücksichtigt werden.

Bei Schüco verfolgen wir den Ansatz von verschiedenen Fachmodellen und unterstützen den Austausch mit individuell steuerbaren Datenumfängen. Schließlich sind für den Planer andere Informationen relevant als für den Ausführenden. Den Planer interessieren z.B. die U-Werte, den Bauleiter die Montagetermine. Der ausführende Metallbauer benötigt hingegen alle Details für die interne Logistik und Fertigung, beispielweise die vollständigen CNC-Bearbeitungsdaten. Die Austauschfunktionen müssen den Anwendern auf allen Seiten die volle Kontrolle über den Datenfluss komfortabel und sicher erlauben.

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Phillip Forchheim (Teamleiter KSP Jürgen Engel Architekten, Frankfurt)

Wie in der konventionellen Planung nimmt die Detail- und Informationstiefe ("Level of Development (LOD)" = Fertigstellungsgrad) mit den fortschreitenden Planungsphasen zu. Im Bereich der Fassade arbeiten wir im Modell mit abstrahierten geometrischen Körpern, die in den späteren Planungsphasen mit detaillierteren Informationen hinterlegt werden.

Fassadenprofile und Rollladenkästen werden beispielsweise zunächst exemplarisch als einfache, extrudierte Rechtecke im Modell dargestellt und mit den jeweiligen, weitergehenden Informationen aus unserer Datenbank verknüpft. Um die entsprechenden Massen und Kosten zu ermitteln und gleichzeitig ein agiles und einfach zu bearbeitendes BIM-Modell zu haben, hat sich diese Vorgehensweise bewährt.

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Dipl.-Ing. Gregor Kassl (Leiter Fassadenplanung Arup Deutschland GmbH)

Der Level of Development (LOD) eines BIM-Modells, also dessen Informationsgehalt, ist abhängig von der Projektaufgabe und dem Bauherrn. Idealerweise wird der LOD vor Projektbeginn in einem sogenannten BIM Execution Plan definiert. Bei aller BIM-Euphorie ist es wichtig, den geschuldeten Werkserfolg nicht aus den Augen zu verlieren. Ein zu hoher Detaillierungsgrad, zu früh angewandt, führt in den meisten Fällen zu erheblichen Schnittstellenkomplikationen und Planungsmehraufwendungen.

Zum jetzigen Zeitpunkt erachten wir daher ein BIM-Model in den Leistungsphasen 2, 3, 5, 6 und 9 – abhängig vom jeweiligen Projekt – als sehr sinnvoll. Mit der fortschreitenden Digitalisierung wird der Einsatz der BIM-Methode sicher auch bald die gesamte Planungs- und Bauzeit umfassen.

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Dr. Karoline Fath (Projektleiterin BIM-Koordination, Ed. Züblin AG)

Aus meiner Sicht ist für einen erfolgreichen BIM-Prozess ein Umdenken in der Planungskultur, wie sie in der HOAI geregelt ist, notwendig. Die HOAI geht von einem iterativen, sequentiellen Projektablauf aus. Der Mehrwert eines BIM-Projekts entsteht jedoch erst, wenn das BIM-Modell / die BIM-Modelle von allen Projektbeteiligten mit Informationen angereichert und weitergenutzt werden, z.B. wenn die Massen für die Ausschreibung aus dem BIM-Modell abgeleitet werden können.

Den Mehraufwand für solch eine detaillierte Modellierung bekommt der Architekt jedoch in einer frühen Projektphase nicht vergütet. Dagegen ist die nachträgliche Anpassung eines vollständigen BIM-Entwurfsmodells für die Generierung von Massen für die Ausschreibung auch digital sehr aufwändig. Die Integration von Fachplanern ist aufgrund der z.T. verwendeten Spezialprogramme softwaretechnisch auch noch nicht durchgehend möglich.

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Marc Aßmann (BIM-Planer Franken-Schotter GmbH & Co. KG)

Die Planungsphasen der HOAI können inhaltlich nicht auf die vielen Leistungsbereiche (Gewerke) der VOB/C eingehen. Diese Aufgabe wurde für den Leistungsbereich Fassade erfolgreich durch das AHO-Heft 28 "Fachingenieurleistungen für die Fassadentechnik, 2017-08" sowie durch den VFT mit der Richtlinie "Werk- und Montageplanung im Metall- und Fassadenbau 2014-09" umgesetzt.

Werden die Leistungsphasen und Leistungsinhalte bei der Erstellung des BIM-Pflichtenheftes (Frage 1) berücksichtigt, sind alle Prozesse und Ablauffolgen für die Planung, Produktherstellung und der Bauausführung im BIM-Modell enthalten. Das BIM-Modell wächst also mit der Detaillierungstiefe (LOD – Level of Development).

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Produktmanagement Lindner Fassaden GmbH

Der Fassadenbauer ist meist erst ab Leistungsphase 4 oder 5 am Projekt beteiligt. Das BIM Modell ist ein Planungswerkzeug, mit dessen Hilfe man die Schnittstellen zu anderen Gewerken steuern kann.

Darüberhinaus besteht die Möglichkeit Bestellungen für Materialien mit langen Vorlaufzeiten zeitnah zu platzieren. Dafür sind die Detaillierungsgrade 1 und 2 ausreichend. Zur weiteren Planung der eigenen Leistung, z.B. Bearbeitungsdetails, kann der Detaillierungsgrad erhöht werden. Das ist aber kein Muss.