Saint-Gobain Isolierglas-Center: Neuer Geschäftsführer im Interview

Anfang des Jahres übernahm Hans-Guido Plum die Leitung und den Vorsitz der Geschäftsführung des Saint-Gobain Isolierglas-Center. Nun zieht er eine erste Bilanz und verrät, wo er Chancen und Risiken für die Branche sieht.

Sie sind nun bereits ein halbes Jahr Geschäftsführer beim Saint-Gobain Isolierglas-Center. Welche Bilanz ziehen Sie?
Plum: Im vergangenen Jahr gab es eine hohe Nachfrage und wenig zur Verfügung stehendes Glas. Diese Situation hat sich nun gewendet. Das ist sowohl für uns als auch unsere Kunden eine nicht ganz einfache Situation. Die Baugenehmigungen sind zurückgegangen, doch die Wohnungsnot besteht weiterhin. Einen Aufschwung erwarte ich erst für Mitte 2024.
Trotz der schweren Marktumstände fällt meine Bilanz durchweg positiv aus: Wir sind bestens aufgestellt und haben in allen Abteilungen und Positionen überaus motivierte Mitarbeitende, mit denen wir auch solche Zeiten meistern werden. Es geht jetzt vor allem um Liefertreue, Flexibilität und niedrige Reklamationsraten. Der große Wettbewerb schafft eine Preissensitivität, die ich so noch nicht kannte – aber ich freue mich auf die neue Herausforderung und habe ein engagiertes Team hinter mir stehen.

Wie sehen Sie die Entwicklungen in der Branche? Welche Trends und Chancen sehen Sie?
Plum: Generell sehe ich zwei zentrale, branchenübergreifende Themen im Fokus: Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Thema Nachhaltigkeit sind wir schon sehr gut aufgestellt. Wir haben bereits seit 2018 EPDs für unser gesamtes Produktportfolio und unterstehen als Teil des Saint-Gobain-Konzerns außerdem auch den übergeordneten Unternehmenszielen: Wir haben uns verpflichtet, bis 2025 unsere CO2-Emissionen um 20 Prozent, unsere nicht verwerteten Abfälle um 50 Prozent und unsere Industriewasseremissionen um 80 Prozent zu reduzieren.
Beim Saint-Gobain Isolierglas-Center haben wir sogar bereits eine interne Recyclingrate von 95 Prozent. Dafür sind wir kürzlich auch von dem kooperierenden Scherbenrecyclingunternehmen mit Klimaschutzurkunden ausgezeichnet worden. Unser nächstes Ziel ist es, unser Glas auch im Sinne von Cradle to Cradle bis zum Ende der Lieferkette zu verfolgen. Bisher zahlt der Kunde für die Entsorgung. Wenn wir uns um die Wiederverwertung kümmern können, ist das eine Win-win-Situation für alle Beteiligten und die Umwelt.
Außerdem sind wir stolz darauf, dass an unseren Standorten Grünstrom zum Einsatz kommt, der aus 100 Prozent durch den TÜV-zertifizierten europäischen Wasserkraftanlagen entsteht. Das zweite zentrale Thema Digitalisierung ist bei uns intern sehr weit vorangeschritten, insbesondere unser Order Management hat hier riesige Fortschritte gemacht.
Potenzial sehe ich allerdings noch in digitalen Tools, mit denen wir auch Endkunden erreichen können. Wir haben tolle Produkte für jegliche Anforderungen, doch die notwendige Aufklärungsarbeit reicht bisher noch nicht bis zum Ende der Lieferkette. Hier wäre mehr Beratung sicher wünschenswert und wichtig.

Was sind die Herausforderungen in den nächsten Jahren?
Plum: Mit Sicherheit ein großer Fachkräftemangel und erneut einiges an Turbulenzen, was die Inflation betrifft, welche wir auch alle persönlich in unserem täglichen Leben merken. Wir alle kennen die beherrschenden Themen wie den Krieg in der Ukraine, extrem hohe Energiekosten und eine aufwärtssteigende Inflation. Diese Talsohle gilt es zu durchschreiten.
Aber die Mitarbeitenden haben es hervorragend im letzten Jahr gemeistert, sich aus betrieblicher Sicht auf die täglich ändernden Bedingungen einzustellen, was sich auch im Ergebnis widerspiegelte. Um auch für die Zukunft gut gerüstet zu sein, wurden seitens unserer Zentrale weitere Investitionen für unsere SGIC-Standorte freigegeben.

Sie sprechen von einem zusätzlichen Investitionsbudget. Wo sehen Sie Bedarf?
Plum: Zum einen sind wir aufgrund des Fachkräftemangels darauf angewiesen, verstärkt in Automatisierung zu investieren. Wir müssen uns auch dem Thema Kapazitätssteigerung stellen. Außerdem prüfen wir derzeit noch verschiedene Möglichkeiten Richtung Solarenergie und Eigenversorgung.

Im Hinblick auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens: Wo soll die Reise hingehen? Wie sehen Sie die weitere Entwicklung des Saint-Gobain Isolierglas-Centers im Konkreten?
Plum: Wir streben nach einem stabilen Erfolg, moderatem Wachstum und Kostenorientierung. Unser wichtigstes Ziel dabei ist eine hohe Kundenzufriedenheit. Diese möchten wir durch Verlässlichkeit im Sinne von hoher Liefertreue und -fähigkeit sowie Servicequalität erreichen. Unterstützt wird diese Servicequalität durch innovative Produkte, Marketing und technische Beratung.
Eine klare Konzentration muss auf der Produktion und dem Vertrieb liegen – und der damit verbunden klaren Zuordnung von Kompetenz und Verantwortung. Weiterhin wichtig ist für mich das Thema Positionierung. Ich halte es für essenziell, dass die Glassolutions-Standorte nicht nur unter der Dachmarke Präsenz am Markt zeigen.
Indem wir an allen drei Standorten Bamberg, Uhsmannsdorf und Augustdorf ein verlässlicher Ansprechpartner sind und Flexibilität in der Umsetzung und Angebotsbearbeitung bieten, können wir die Marke Glassolutions stärken. Intern ist es mir ein Anliegen, unsere engagierten Mitarbeitenden zu halten und für ihre Zufriedenheit zu sorgen.

Worauf freuen Sie sich dabei am meisten? Was möchten Sie persönlich bewegen und vorantreiben?
Plum: Ich lege Wert auf offene Kommunikation und zufriedene Angestellte. Nur ein zufriedener Mitarbeiter bzw. eine zufriedene Mitarbeiterin wird auch dem Kunden gegenüber motiviert auftreten – und ohne Kunden gibt es keine Arbeitsplätze. Ich möchte die Werke für die Zukunft aufstellen, ich möchte klare Verantwortlichkeiten, ich möchte ein Commitment meiner Kolleginnen und Kollegen. Ich lege großen Wert auf eine starke Zusammenarbeit innerhalb des Saint-Gobain Isolierglas-Centers sowie der Saint-Gobain Gruppe und die Ausschöpfung von Synergien.

Weitere Informationen: www.isolierglascenter.de