Rund 330 Entscheider der Fassadenbranche waren in Wiesbaden-Niedernhausen mit dabei.

Rund 330 Entscheider der Fassadenbranche waren in Wiesbaden-Niedernhausen mit dabei. (Foto: © Foto Halisch)

Rekordbesuch beim Branchentreff des VFT

FASSADE - Aktuell

Dezember 2023

Beim Branchentreff des Verbands für Fassadentechnik (VFT) am 23.und 24. November 2023 drehte sich alles um die Fassadentechnik im Wandel der Zeit.

Das traditionelle Jahresseminar des VFT fand bereits zum 29. Mal statt. Mehr als 330 Experten aus der Fassadenbranche – Planer, Metall-/Fassadenbauer, Vertreter von Systemhäusern sowie Studierende der DHBW Mosbach, der Technikakademie Northeim und der staatlichen Fachschule für Bau- und Glasbautechnik Vilshofen – waren nach Wiesbaden-Niedernhausen gekommen. Im Fokus stand diesmal das Thema "Fassadentechnik im Wandel der Zeit".

Aktuelle Branchen-Herausforderungen und Neues vom Recht

Hugo Philipp (1. VFT-Vorsitzender) eröffnete traditionell die Tagung. Foto: © Foto HalischHugo Philipp (1. VFT-Vorsitzender) eröffnete traditionell die Tagung. Foto: © Foto Halisch

In seiner Begrüßung skizzierte Hugo Philipp (1. VFT-Vorsitzender) zunächst die aktuellen Herausforderungen in der Fassadenbranche. Die Auftragsbücher seien meist nach wie vor gut gefüllt, doch hätten es alle Baubeteiligten zunehmend mit den Folgen hoher Energiekosten, Materialknappheit sowie dem Fachkräftemangel zu tun. Gerade die Ausbildung sei ein Schlüsselfaktor für die Zukunft und auch eine Herzensangelegenheit des VFT, so Hugo Philipp.

"Wir engagieren uns seit vielen Jahren für die Weiterbildung junger Menschen im Fassadenbereich und haben auch diesmal wieder viele Studierende bei unserem Seminar dabei. Ein Dankeschön allen Sponsoren, die die Teilnahme der Studierenden ermöglichen." Der lahmende Neubau – so Hugo Philipp – rücke nicht zuletzt auch die Fassadensanierung mehr und mehr in den Blickpunkt. Beim Bauen im Bestand lägen zukünftig noch viele Potenziale für nachhaltige Fassadenkonzepte und speziell auch intelligente Recyclingkonzepte.

Zum Start des Vortragsprogramms referierte traditionell RA Dr. jur. Rainer Koch (Dr. Koch Dorobek & Kollegen) und sprach diesmal über Behinderungen und Verzug bei Bauprojekten. Anhand der aktuellen Rechtsprechung sowie anschaulicher Beispiele zeigte der Rechtsanwalt auf, welche terminlichen und finanziellen Folgen diese Bauablaufstörungen in der Praxis haben können – und wie sich diese vermeiden lassen.

Funktionierende Grünfassaden und nachhaltiges Bauen

Prof. Dr.-Ing. Holger Techen (Frankfurt University of Applied Sciences) widmete sich dem zukunftsweisenden Thema der Grünfassaden. Dabei stellte der Experte die verschiedenen wandgebundenen vertikalen Begrünungssysteme vor und zeigte im Anschluss zahlreiche gelungene Projekte aus Singapur.

Je nach Standort und Anforderung ließe sich mit einer Fassadenbegrünung eine deutliche Lärmreduktion erreichen, die Biodiversität im urbanen Raum erhöhen oder auch die Innenraum-Temperaturen senken. Nicht zuletzt zeigte der Referent, wie grüne Fassaden auch in europäischen Klimazonen sehr effizient und klimagerecht realisierbar sind.

Ein Plädoyer für Mut zur Nachhaltigkeit und zirkuläres Bauen formulierte Matthias Horn (Metallbaumeister Architekten- und Planerberater) in seinem Vortrag "Verwenden statt verschwenden – Weniger ist MehrWert." Dabei zeigte der Experte anhand erfolgreich realisierter Projekte, wie intelligent geplante und ressourcenschonende Fassadenkonstruktionen mit recycelten Materialien funktionieren – für eine deutliche Reduktion von CO2-Emissionen. Einer der Schwerpunkte: Der Einsatz von Sekundär-Aluminium ("Post-Consumer-Scrap") und Recycling-Glas.

Dämmstoffe, Photovoltaik und Befestigungstechnik

In den Pausen nutzten die Teilnehmer die Möglichkeit zum Besuch der Fachausstellung und zum Networking. Foto: © Foto HalischIn den Pausen nutzten die Teilnehmer die Möglichkeit zum Besuch der Fachausstellung und zum Networking. Foto: © Foto Halisch

Über den ressourcenschonenden Umgang mit Dämmstoffen in der Fassade referierten Sascha Karallus (Deutsche Rockwool) und Benjamin Barthelmann (Sadlowsky GmbH). Dabei ging es unter anderem um die Möglichkeit einer "minimalinvasiven" Sanierung von bestehenden WDVS-Fassaden mit Hilfe eines VHF-Sanierungskits. Zudem stellten die Referenten das Recyclingsystem "Rockcycle" vor – hier werden Verschnittreste von Steinwolle wiederverwendet. Nicht zuletzt ermöglicht auch die bei der Sadlowsky GmbH durchgeführte passgenaue Konfektionierung eine Optimierung des Verschnitts.

Danach sprach Heribert Ley (Geschäftsführer Sunovation GmbH) über "Photovoltaik in Fassaden" und zeigte dabei sowohl die Anforderungen bei Planung und Einsatz sowie auch die vielfältigen Vorteile auf – von der Verbesserung der Energiebilanz über die Senkung der Betriebskosten bis hin zur Ästhetik. Sein Credo: "Keine Angst vor PV. Es ist nur eine Fassade und kein Hexenwerk."

Zum Abschluss des ersten Seminartags drehte sich bei Dipl.-Ing. Torsten Kühnert (fischer Deutschland Vertriebs GmbH) alles um die optimale Befestigungs-technik beim Bauen im Bestand. Dabei spannte der Referent den Bogen von Herausforderungen bei der Verankerung in niederfestem Beton bis hin zur Vorstellung von aktuellen Technischen Regeln sowie Sanierungsbeispielen aus der Praxis.

Algenreaktorfassaden und 3D-Planung mit BIM

Am nächsten Morgen unternahm zunächst Dr. rer. nat. Th. Warscheid (LBW Bioconsult) eine Reise durch die Klimageschichte aus geowissenschaftlicher Sicht. Neben CO2 spielen – so der Biologe – auch Faktoren wie die Plattentektonik, polare Vereisungen, Meeresschwankungen, Vulkanausbrüche und Bevölkerungswachstum eine wichtige Rolle beim Klimawandel. Wie sich CO2-Emissionen über die Fassade reduzieren lassen, zeigte der Referent anhand einer Eigenentwicklung mit modularen Algenreaktoren. Sein Appell: Fassaden nicht als funktionalen Totraum, sondern als qualitativen Lebensraum betrachten.

Im Folgenden stand die digitale Planung von Fassaden im Fokus: Dipl.-Ing. Dipl.-Betriebswirt Dietmar Flach (ISD Software und Systeme GmbH) zeigte auf, wie ein durchgängiger 3D-Planungsprozess mit BIM aussehen kann. Dies veranschaulichte der Experte anhand zahlreicher praxiserprobter 3D-Branchenlösungen für alle zuverlässigen Fassaden-konstruktionen.

Tageslichtsteuerung, Beschlaglösungen und Vorabmontagezargen

"Daylight Optics – Revolution im Jalousienbau": So lautete der Titel der Präsentation von Dr. Dipl.-Ing. Helmut Köster. Der Geschäftsführer der Köster Lichtplanung GmbH veranschaulichte, wie sich mit Spiegeloptiken das Tageslicht effizient lenken lässt. Zum zeigte der Referent anhand von realisierten Bauvorhaben, wie sich mit seiner patentierten Technologie der Tageslichtlenkung sehr gute Abminderungsfaktoren realisieren lassen – und zwar in offener und gleichzeitig sehr durchsichtiger Lamellenlage.

Über die Sanierung bzw. Nachrüstung von Bestandsfenstern-/fassaden mit modernen Beschlägen für Flügelgewichte bis zu 200 kg sprach Max Kreileder (Wilh. Schlechtendahl & Söhne GmbH). Zum Abschluss des Jahresseminars widmete sich Felix Sauerland (hilzinger Metallbau GmbH) dem Trend zur Vorabmontagezarge in Verbindung mit der Erhöhung des Vorfertigungsgrades.

Fazit: Ein rundum gelungenes Branchentreffen mit vielen Impulsen für die tägliche Praxis. Hugo Philipp fasst zusammen: "Auch die gemeinsame Abendveranstaltung trägt zum Wohlfühlfaktor bei. Auf diese Weise besteht für die Fachkräfte der Branche ein angenehmes Networking. Eine Entwicklung, die durch die steigenden Teilnehmerzahlen honoriert wird." Die Neuauflage ist auch schon in Planung. Das nächste 30. VFT-Seminar findet am 28./29. November 2024 in Wiesbaden-Niedernhausen statt.


Weitere Informationen: v-f-t.de

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