Hugo Philipp (1. Vorsitzender VFT, links) im Gespräch mit Referent Walter Lonsinger (A/U/F).

Hugo Philipp (1. Vorsitzender VFT, links) im Gespräch mit Referent Walter Lonsinger (A/U/F). (Foto: © Jens Meyerling)

Jahressseminar des VFT: Fassadentechnik in der Praxis

FASSADE - Aktuell

Dezember 2022

Am 24./25. November 2022 kamen mehr als 300 Entscheider aus der Fassadenbranche zum 28. Jahres-Seminar des Verbands für Fassadentechnik e. V. (VFT) zusammen.

Im Fokus der zweitätigen Fachtagung standen praxisgerechte Vorträge rund um die hochaktuellen Themen Nachhaltigkeit sowie Energie in der Fassade. Abgerundet wurde die gelungene Veranstaltung durch eine umfangreiche Fachausstallung mit namhaften Industriepartnern sowie ein entspanntes Abendprogramm mit genügend Zeit für Erfahrungstausch und Networking.

In den einführenden Worten des Fachprogramms ging Hugo Philipp – 1. Vorsitzender des VFT – auf die schwierigen Rahmenbedingungen mit steigenden Energiekosten und Materialverknappung in der Bauwirtschaft und somit auch in der Fassadenbranche ein. Auch der Fachkräftemangel sei weiterhin ein großes Problem, so Hugo Philipp.

Der VFT habe sich seit der Gründung die Ausbildung von qualifiziertem Nachwuchs für die Branche auf die Fahne geschrieben – so seien auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Studierende der DHBW Mosbach sowie der Glasfachschule Vilshofen beim Seminar dabei. Sein Appell an alle: "Arbeiten Sie daran mit, Fachkräfte auszubilden und den jungen Kollegen ein zukunftsgerechtes Arbeitsumfeld zu bieten. Wir bedanken uns bei allen Sponsoren, die die Teilnahme der Studierenden ermöglichen."

Interessantes zu Recht, Holz-Alu-Fassaden und Holz an der Fassade

Mehr als 300 Entscheider der Fassadenbranche waren in Wiesbaden-Niedernhausen mit dabei. Foto: © Foto HalischMehr als 300 Entscheider der Fassadenbranche waren in Wiesbaden-Niedernhausen mit dabei. Foto: © Foto Halisch

Zum Start des Fachprogramms sprach traditionell Rechtsanwalt Dr. jur. Rainer Koch (Dr. Koch Dorobek & Kollegen) und widmete sich dabei dem Thema "Mängelhaftung am Bau". Zentrale Fragen des Vortrags: Was ist ein Mangel? Wie gehen die Baubeteiligten mit Mängeln um? Welche Bedeutung haben die allgemein anerkannten Regeln der Technik?

Danach stellten Fabian Brugger und Philipp Nuscheler (Raico Bautechnik) in ihrem Vortrag "Timber goes Unitized" die eigens entwickelte Holz-Elementfassade Raico Element+ H-I vor. Das modulare Holz-Alu-System eignet sich besonders für Großprojekte, bei denen eine schnelle und wirtschaftliche Realisierung erforderlich ist und wird voraussichtlich ab April 2023 verfügbar sein.

Im Anschluss befasste sich Prof. Jörn-Peter Lass mit dem Thema Holz- und Holzprodukte im Fassadenbau. Dabei erklärte der Institutsleiter des ift Rosenheim, was bei der fachgerechten Planung und Umsetzung von Fassadenprojekten zu beachten ist: Von der Holzauswahl, der Oberflächenbehandlung und dem fachgerechten Feuchteschutz bis hin zum Brandschutz.

Oberflächenschutz, Aluminium-Recycling und energieerzeugende Textilfassaden

In den Pausen nutzten die Teilnehmer die Möglichkeit zum Besuch der Fachausstellung und zum Networking. Foto: © Foto HalischIn den Pausen nutzten die Teilnehmer die Möglichkeit zum Besuch der Fachausstellung und zum Networking. Foto: © Foto Halisch

Dr. Benjamin Fiedler (IFO Institut für Oberflächentechnik) referierte zum Thema "Schäden an Oberflächen vermeiden – ein Beitrag zur Nachhaltigkeit" und zeigte auf, wie ein fachgerechter Oberflächenschutz von Aluminium gelingt. Eine gute Option zur Verhinderung von Filiformkorrosion bietet zum Beispiel die Voranodisation von Aluminiumbauteilen.

Zudem im Fokus: Die Reinigung von Fassaden. Anschließend sprach Walter Lonsinger (A/U/F) über das Aluminium-Recycling bei Fassadensanierungen und zeigte dabei die enormen Potenziale einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft für die Branche auf. Im Hinblick auf den wachsenden Bedarf an recyceltem Aluminium mahnte der Experte: "Wir müssen dafür sorgen, dass die wertvollen Rohstoffe in Deutschland und Europa verbleiben und wir somit weniger abhängig sind von Schrott-Importen aus aller Welt."

Zum Abschluss des ersten Tages stellte Marina Chernyshova (Institut für Textiltechnik RWTH Aachen) die Einsatzmöglichkeiten energieerzeugender Textilfassaden für das klimagerechte Bauen vor – zum Beispiel durch die Integration von dünnschichtigen Photovoltaik-Folien in das Textil.

Schimmelschutz, Aluminium-Hybridelementfassade und BIPV

Studenten der DHBW Mosbach und der Staatlichen Fachschule für Bau- und Glasbautechnik Vilshofen. Foto: © Foto HalischStudenten der DHBW Mosbach und der Staatlichen Fachschule für Bau- und Glasbautechnik Vilshofen. Foto: © Foto Halisch

Algen und Schimmel an der Fassade – Fluch oder Segen? Mit diesem Thema startete der zweite Veranstaltungstag. Dr. rer. nat. Thomas Warscheid (LBW Bioconsult) zeigte auf, wo die Ursachen liegen und wie sich Schimmel vermeiden lässt. Anhand zahlreicher Beispiele erläuterte der Referent, welchen enormen Beitrag Grünfassaden zum nachhaltigen Bauen leisten können.

Im Anschluss berichtete Joachim Gau (Schüco International KG) über die dynamische und vernetzte Fassade und erklärte, welchen Beitrag gesteuertes Lüften durch motorische Fenster sowie Sonnenschutzsysteme mit schaltbarer Verglasung und BIPV zur Steigerung von Energieeffizienz und Nachhaltigkeit zukunftsgerechter Gebäude liefern können. Um "Eine starke Einheit aus Holz und Aluminium" ging es im folgenden Beitrag von Josef Lerchenberger und Markus Ellenrieder (Lindner Building Envelope GmbH). Im Mittelpunkt stand dabei die Aluminium-Hybridelementfassade ECO_N.

Von der konstruktiven Entwicklung über Brandschutz, Statik sowie Bauphysik bis zur Auswahl der Hölzer bzw. Oberflächen gingen die Referenten auf die Innovation ein. Im Vortrag von Ruben Hacker (Schrag Fassaden) und Dr. Lutz Tautenhahn (Priedemann Fassadenberatung GmbH) drehte sich alles um die gebäudeintegrierte Photovoltaik (BIPV). Anhand anschaulicher Beispiele aus der Praxis erläuterten die Experten, was bei der Planung und Realisierung von BIPV-Projekten zu beachten ist.

Berufshaftpflicht und Bioreaktor-Fassaden

Um die Berufshaftpflicht der Fassadenplaner ging es im Vortrag von Dr. Bernd Heitmann (HVV Heitmann). Dabei erklärte der Referent unter anderem auch, warum eine Cyberversicherung in Zeiten der Digitalisierung ein unverzichtbarer Baustein ist. Zum Abschluss der zwei hochinteressanten Seminartage drehte sich alles um Bioreaktor-Fassaden. Anhand eines Pilotprojekts in Hamburg stellten die beiden Referenten Simon Roemgens und Markus Ticheloven (Colt International) das Funktionsprinzip vor – hier wird aus Algen-Biomasse und solarer Wärme "grüne" Energie erzeugt.

Das nächste VFT-Jahresseminar findet am 23./24. November 2023 in Wiesbaden- Niedernhausen statt. Thema dann: Fassaden im Wandel der Zeit.


Weitere Informationen: www.V-F-T.de