WerWerden Fenster mit der Fassade abgerissen, ist eine Aufbereitung nicht mehr möglich. Auch sonst ist die sortenreine Trennung ein sehr aufwändiger Prozess.

WerWerden Fenster mit der Fassade abgerissen, ist eine Aufbereitung nicht mehr möglich. Auch sonst ist die sortenreine Trennung ein sehr aufwändiger Prozess. (Foto: © Vössing)

Bei der Zirkularität noch Luft nach oben

Verbände und Organisationen der deutschen Fensterbranche haben im Rahmen einer Studie ein Mengenszenario und das Abfall- und Recyclingpotenzial von Altfenstern in Deutschland ermitteln lassen.

Die beiden schon fertigen Teile der dreiteiligen Studie zeigen bei Ressourceneffizienz und Recyclingquoten noch viel Potenzial auf.

In einem ersten Schritt der Studie wurde ein Abfallmengenszenario ermittelt. Demnach fielen im Jahr 2022 in Deutschland bei Rückbau- und (energetischen) Sanierungsmaßnahmen von Gebäuden etwa zehn Millionen Einheiten Altfenster an, was einer Gesamtmenge von 460.000 bis 480.000 Tonnen entspricht. Derzeit ergeben sich aus dem Gebäudebestand die höchsten Rückbaumengen im Bereich der Holzfenster.

Da jedoch in den letzten 20 bis 30 Jahren zunehmend Kunststoff- und Aluminiumfenster eingebaut wurden, wird es in Zukunft einen Anstieg der Altfenstermengen aus diesen Materialien geben. In einem weiteren Schritt wurde das Recyclingpotenzial von Altfenstern identifiziert. Den Auftrag dazu vergaben die mitwirkenden Verbände und Organisationen an das Institut für Infrastruktur ∙ Wasser ∙ Ressourcen ∙ Umwelt (IWARU).

Das Institut analysierte die aktuellen Erfassungs- und Logistikprozesse sowie die Verwertungswege für Altfenster und deren Komponenten. Aufgrund der Ergebnisse konnten Optimierungspotenziale und Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. "Insgesamt zeigt der Bericht, dass in der Fensterbranche erhebliche Potenziale zur Steigerung der Ressourceneffizienz und zur Verbesserung der Recyclingquoten vorhanden sind – vorausgesetzt, es gelingt, die bestehenden Prozesse und Strukturen weiter zu optimieren und besser zu koordinieren", sagt Frank Lange, Geschäftsführer des Verbandes Fenster + Fassade (VFF).

Aluminium

Bei der Analyse der gegenwärtigen Praxis zeigte sich, dass die beim Gebäuderückbau anfallenden Altfenster von Abbruchunternehmen oft maschinell mit der Fassade abgebrochen werden, was zu Verschmutzungen und Kontaminationen führt. Bei Sanierungsmaßnahmen demontieren hingegen meist Fensterbau- und Montagebetriebe die Altfenster, sammeln sie oder führen sie Sammelstellen zu. Hier ist die Sortenreinheit der Abfälle höher.

Rund 54 Prozent der im Jahr 2023 in Deutschland angefallenen Aluminiumschrotte wurden über das System der Recyclinginitiative A|U|F erfasst. So wird bereits ein erheblicher Anteil von Aluminium aus dem Hochbau im Kreislauf geführt. Der hohe monetäre Wert von Aluminium und die guten Recyclingeigenschaften führen jedoch häufig dazu, dass Material direkt an Schrotthändler verkauft oder ins Ausland exportiert wird.

"Unsere größte Aufgabe ist es, die Kreislaufwirtschaft zum Tagesgeschäft zu machen, um Aluminium auch im Kreislauf unserer Branche zu halten", sagt Thomas Lauritzen, Vorstandsvorsitzender von AIUIF e.V.

Kunststoff

Für den erneuten Einsatz von demontiertem Fensterglas in Bauglas-Schmelzwannen muss das Material sehr hohen Qualitätsansprüchen genügen. Da das häufig nicht der Fall ist, werden daraus meist weniger anspruchsvolle Produkte gefertigt. Foto: © VössingFür den erneuten Einsatz von demontiertem Fensterglas in Bauglas-Schmelzwannen muss das Material sehr hohen Qualitätsansprüchen genügen. Da das häufig nicht der Fall ist, werden daraus meist weniger anspruchsvolle Produkte gefertigt. Foto: © Vössing

Sortenrein erfasstes PVC aus demontierten Kunststofffenstern wird aufgrund der etablierten Aufbereitungsinfrastruktur und der Recyclinginitiative Rewindo werkstofflich verwertet. "Durch aktuelle umweltpolitische Maßnahmen ist ein wichtiger Aspekt bei der energetischen Sanierung und dem Rückbau – der umweltfreundliche, ressourceneffiziente und klimaschonende Umgang mit Bauabfällen – in den Fokus gerückt.

Der Gesetzgeber hat klare Präferenzen zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft formuliert. Sie finden sich in der Gewerbeabfallverordnung, der Bauproduktenverordnung, der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) sowie auf europäischer Ebene in der Circular Plastics Alliance (CPA)", betont der Geschäftsführer der Recyclinginitiative, Michael Vetter.

Im Jahr 2022 wurden circa 64 Prozent der anfallenden Kunststoffprofile aus Fenstern, Rollläden und Türen über das Rewindo-System erfasst. Das Regranulat wird anschließend für die Extrusion neuer Fensterprofile genutzt. Werden Kunststofffenster über den Baumischabfall entsorgt, gehen sie dem Recycling verloren.

Die Studienergebnisse zeigen, dass die Recyclingsysteme von A|U|F und Rewindo bei Fensterbau- und Montagebetrieben sowie bei einer Vielzahl von Entsorgungsunternehmen, etabliert, aber bei Abbruchunternehmen, Architekt:innen, Dachdeckerbetrieben und Projektentwicklern noch weitgehend unbekannt sind.

Holz

Schwieriger ist die Situation bei Holzfenstern. Das Rahmenmaterial ist der Regel mit Holzschutzmitteln behandelt und darf in Deutschland nicht stofflich verwertet, sondern muss in zugelassenen Verbrennungsanlagen verwertet werden.

"Mangelnde Daten zur Art und Menge der Holzschutzmittel im Fensterbestand hemmen die Kreislaufführung von Holzfenstern. Hier müssen wir ansetzen, um neue Wege für die stoffliche Verwertung von altem Fensterholz zu schaffen", erläutert Pro Holzfenster-Geschäftsführer Kai Pless.

Glas

Wird Fensterglas, beispielsweise beim Abriss eines Gebäudes, stark mit anderen mineralischen Baumaterialien vermischt, wird es es mit diesen aufbereitet und kommt als Sekundärbaustoff wieder zum Einsatz. Werden Fenster komplett der Aufbereitung zugeführt, wird das Glas entnommen und soweit möglich dem Flachglasrecycling zugeführt. Der überwiegende Teil geht jedoch anschließend in die Hohlglas- und Glasperlenindustrie oder wird als Dämmmaterial verwertet.

"Alle Glashersteller würden gern mehr Scherben in ihrer Produktion einsetzen. Die Qualitätsanforderungen dafür sind aber so hoch, dass Post-Consumer-Scherben sie mit den heutigen Recyclingmethoden meist nicht erfüllen können. Hier müssen neue Wege für ein werterhaltendes Handling der Scherben während des gesamten Recyclingprozesses gefunden werden", erklärt Jochen Grönegräs, Geschäftsführer des Bundesverbandes Flachglas (BF).

Stahl

Die metallhaltigen Fraktionen, wie Fensterbeschläge und Armierungen aus dem PVCRahmen, werden bei der Aufbereitung von Altfenstern aussortiert und stofflich verwertet. Dieses Recyclingmaterial gelangt jedoch nicht direkt in die Beschlagindustrie zurück. Auch die Wiederverwendung von Fenstern und deren Komponenten wurde untersucht.

Sie wird in der Praxis kaum angewendet, weil die steigenden Anforderungen an Fenster und ihre Komponenten sowie der damit zunehmende technische Fortschritt gegen eine Wiederverwendung sprechen.

Ökobilanzielle Faktoren

Aus der Ökobilanz geht hervor, dass bei allen drei Rahmenmaterialien die Herstellungsphase die größte Umweltauswirkung ausübt, sieht man von der Nutzungsphase ab. Maßgeblich sind hier die Rohstoffe, insbesondere Aluminium und PVC. Bei Holzfenstern wirkt sich das im Holz gespeicherte Kohlendioxid positiv auf die Bewertung der Umweltwirkung Global Warming Potential (GWP) oder Treibhauspotenzial aus.

Ferner trägt auch die Verglasung mit einem hohen Masseanteil am Fenster zur Bilanzierung bei. Beschläge weisen trotz ihres geringen Masseanteils einen vergleichsweise hohen Frischwasserverbrauch auf. Diesen zu reduzieren, ist nicht nur ökologisch wünschenswert, sondern auch wirtschaftlich für die Beschlaghersteller von Vorteil.

"Wir vom Fachverband werden zusammen mit unseren Mitgliedern entsprechende Lösungen erarbeiten", kommentiert Silke Koppers, Projektmanagerin beim Fachverband Schloss- und Beschlagindustrie (FVSB).*

 Wie schon erwähnt, weist das Holzfenster in der Herstellungsphasen im Vergleich zu Kunststoff- und Aluminiumfenstern ein geringeres Treibhauspotenzial auf, allerdings werden in der End-of-Life-Phase auch keine Gutschriften erteilt, da Holzrahmen naturgemäß keine Rezyklate enthalten. PVC-Rahmen enthalten heute bereits mehr als 20 Prozent PVC-Rezyklat, Aluminiumrahmen etwa 30 bis 40 Prozent. Bei der Produktion von Flachglas werden etwa 20 bis 25 Prozent Glasscherben eingesetzt. Eine Erhöhung der Rezyklatanteile bei PVC und Aluminium und Glas kann bewirkt deutliche Einsparungen bei den CO2-Emissionen.

* Bei der Betrachtung der ökobilanziellen Faktoren ist zu berücksichtigen, dass die zugrundeliegenden Referenzfenster aus der Massenbilanzierung der ersten Studie stammen und damit den heute durchschnittlich recycelten Altfenstern entsprechen. Neue Fenster erfordern üblicherweise mehr Materialeinsatz und es können sich abweichende Materialanteile der jeweiligen Komponenten ergeben. Des Weiteren wurde für alle Fensterkomponenten die gleiche Nutzungsdauer angenommen.


Basisinfo: Der Bausektor ist eine der ressourcenintensivsten Branchen in Deutschland und verbraucht etwa 60 Prozent der natürlichen Ressourcen. Im Jahr 2022 fielen rund 400 Millionen Tonnen Abfall an, wovon rund 54 Prozent meist mineralische Bau- und Abbruchabfälle ausmachten. Angesichts von Materialknappheit, Lieferengpässen, steigenden Materialpreisen und erhöhten Entsorgungskosten besteht auch im Bausektor die Notwendigkeit, die Kreislaufwirtschaft weiter voranzubringen. Ein wesentliches Ziel dabei ist es, geschlossene Materialkreisläufe zu etablieren, um Ressourcen effizienter zu nutzen und Abfälle zu minimieren. In diesem Kontext stellt auch das Bauteil Fenster einen bedeutenden Stoffstrom dar.


Optimierungspotenziale und Handlungsempfehlungen: Auf Basis der bisherigen Studienerkenntnisse wurden die folgenden Optimierungsansätze abgeleitet, die dazu beitragen können, die Kreislaufführung von Fenstern in der Praxis weiter zu verbessern:

Vorhandene Netzwerke ausbauen, um die Bekanntheit der Rücknahmesysteme (Rewindo, A|U|F, etc.) zu steigern. Einführung eines Rücknahmesystems für Glas, das Glasscheiben in hoher Qualität sammelt und effizient verwertet.
Fensterdemontage und die Rücknahmesysteme in Ausschreibungstexten und Leistungsverzeichnissen bei Sanierungen sowie Rückbauvorhaben verbindlich verankern.
Eine materialübergreifende Bündelung der Rücknahmesysteme könnte die Organisation für beteiligte Unternehmen erleichtern.
Für die Verwertung von Holzfensterrahmen sind die tatsächlichen Belastungen durch Holzschutzmittel zu überprüfen (Datenmonitoring) und mit den Grenzwerten der Altholzkategorien der AltholzV zu vergleichen, um ggf. die Möglichkeit einer stofflichen Verwertung rechtlich zu verankern.

Darauf aufbauend, soll im dritten Teil des Projekts erörtert werden, wie die Vorschläge praxisnah umgesetzt werden können. Ziel muss sein, den Recyclingprozess für Fenster und deren Komponenten zukunftsfähig zu machen. Die Kreislaufführung erfordert einen hohen logistischen Aufwand, auf der anderen Seite stehen Materialeffizienz und Klimaschutz durch CO2-Einsparungen. Angedacht ist auch, einen Ansatz für einen Herstellerbezug zu entwickeln. In diesem Zusammenhang können zukünftig (digitale) Produktpässe von Fenstern ein hilfreiches Instrument werden.



Weitere Informationen: Den bebilderten Fachartikel als PDF-Datei herunterladen: Bei der Zirkularität noch Luft nach oben