Das Interesse war beeindruckend: auch dieses NEXT Expertenforum war wieder restlos ausverkauft.

Das Interesse war beeindruckend: auch dieses NEXT Expertenforum war wieder restlos ausverkauft. (Foto: © Mediashots / Wicona)

8. NEXT Expertenforum diskutiert über KI in der Architektur

Wie lässt sich Künstliche Intelligenz schon heute bei Entwurf und Planung von Gebäuden einsetzen? Um diese und weitere Fragen drehte sich das 8. NEXT Expertenforum am 4. Juni 2024 im NEXT Studio by Wicona + Partners in Frankfurt.

Im Zuge der zunehmenden Digitalisierung in der Baubranche holen sich immer mehr Architektur- und Planungsbüros Unterstützung durch KI-Tools. Was KI heute und zukünftig über alle Planungsphasen eines Projekts hinweg leisten kann, beleuchteten Experten – moderiert von Prof. Jan R. Krause (Architektur Media Management/Hochschule Bochum) – im NEXT Studio.

Den Einstieg machten Yvonne Kavermann (Chefredakteurin Baunetz Wissen) und Sophie Marte (Baunetz) in ihrer Standortbestimmung – speziell bezogen auf die Arbeit mit KI im Redaktionsalltag eines Architektur-Fachportals. Mehr als 16.000 KI-Tools seien derzeit schon auf dem Markt – täglich kommen neue dazu. Um KI vor diesem Hintergrund sinnvoll zu nutzen, müsse man zunächst mal für sich Ziele definieren und die wirklich geeigneten Tools finden.

Dann heißt es: Stetig ausprobieren, die Plausibilität der Ergebnisse immer wieder kritisch hinterfragen und die Erwartungshaltung begrenzen. Wird all dies beachtet – so die Referentinnen – bringe KI zahlreiche Vorteile für die tägliche Arbeit in der Architekturkommunikation. Von der Zeitersparnis bis zu optimierten Nutzungs-möglichkeiten für den Leser.

KI bei Grundlagenermittlung und Projektentwicklung

Wie KI-Tools gleich in den ersten Phasen der Planung ein effizienteres Arbeiten ermöglichen, schilderte im Anschluss Sven Könning vom Start-up Syte aus Münster. Mit der eigens entwickelten digitalen Plattform lassen sich unter anderem Bestandsdaten, Bebauungspotenziale von Grundstücken und Energiebedarfe/-potenziale von Gebäuden in Echtzeit und quasi auf Knopfdruck ermitteln.

Sven Könning: "Damit wird die Vorab-Einschätzung in der Frühphase der Projektentwicklung deutlich einfacher und es sind keine langwierigen Recherchen mehr nötig. Denn wir können grundlegende Fragen nach möglicher Bruttogrundfläche, Mietfläche, Geschosshöhen und Wirtschaftlichkeit ganz einfach und schnell beantworten." Zukünftig will Syte auch Renovierungsmöglichkeiten von Gebäuden im Bestand sichtbar machen – ein weiterer Meilenstein.

KI im erfolgreichen Praxiseinsatz bei Entwurf und Gebäudeplanung

In seinem Vortrag "Next Level Architecture" zeigte Christopher Hammerschmidt (DJH Architekten) eindrucksvoll auf, wie sein Büro KI-Tools bereits konsequent in den unterschiedlichsten Entwurfs- und Planungsprozessen einsetzt. Eines der Beispiele: Die Analyse bzw. das Finden der idealen Gebäudekonzeption beim Projekt Matchbox in Eschborn – realisiert über ein KI-Tool.

Bei einem weiteren Projekt ließen die Planer die optimale Anordnung von Lochmustern in einer Metallfassade mit einer KI berechnen. Auch Arbeiten wie klimatische Voruntersuchungen oder Visualisierungen von Gebäudeentwürfen – zum Beispiel für Präsentationen bei Investoren – erfolgen bei DJH Architekten bereits routinemäßig mit der Unterstützung von KI.

Bei allem Optimismus zu den großen Potenzialen der KI für Architekturbüros unterstrich Christopher Hammerschmidt jedoch auch: "Je mehr es ins Detail geht – zum Beispiel bei DIN-Normen – desto mehr müssen wir als Planer nochmal überprüfen, ob die KI-generierten Ergebnisse stimmen."

"Metatechnologie mit riesigen Potenzialen"

Florian Scheible von Schöne Neue Welt Ingenieure, Prof. Dipl.-Ing. Jan Krause vom office for architectural thinking, Yvonne Kavermann und Sophie Marthe von Baunetz, Sven Könning von syte, Stefan Cadosch von keeValue, Dr. Steffen Braun vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und Christopher Hammerschmidt von DJH Architekten (von links nach rechts). Foto: © Mediashots / WiconaFlorian Scheible von Schöne Neue Welt Ingenieure, Prof. Dipl.-Ing. Jan Krause vom office for architectural thinking, Yvonne Kavermann und Sophie Marthe von Baunetz, Sven Könning von syte, Stefan Cadosch von keeValue, Dr. Steffen Braun vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und Christopher Hammerschmidt von DJH Architekten (von links nach rechts). Foto: © Mediashots / Wicona

Als "glühender" Verfechter von KI-Anwendungen berichtete Dr.-Ing. Steffen Braun vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (Stuttgart) über die zahlreichen Einsatzmöglichkeiten bei Planung, Realisierung und Betrieb von Bauwerken. Für den Experten steht fest: "KI ist eine Metatechnologie und nimmt den gleichen Stellenwert wie die Erfindung der Dampfmaschine ein. Wir sehen ein riesiges Innovationstempo."

Anhand verschiedener Forschungsprojekte und Beispiele zeigte er auf, wie sich KI in Projektmanagement, generativer Gebäudeplanung, bei Gebäudesicherheit, Facility Management und Bestandserfassung sinnvoll und für alle Beteiligten gewinnbringend einsetzen lässt.

Für die Zukunft sieht der Referent vor allem bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen noch Herausforderungen: Wer wird die KI wie regulieren? Welche internationalen Allianzen mit gleicher Sichtweise werden entstehen? Klar ist für Dr.-Ing. Steffen Braun jedoch: "Zukünftig entwickeln sich diese Maschinen von unseren Werkzeugen zu unseren Kollegen."

Effiziente Kostenberechnung in frühen Projektphasen

Ein KI-gesteuertes Tool zur Kostenberechnung in frühen Projektphasen stellte Stefan Cadosch – CEO des Unternehmens keeValue aus Zürich/Brugg – vor. Das für den Schweizer Markt entwickelte und auf einer riesigen Datenbank basierende Programm ermittelt präzise Analysen und Vorhersagen und berücksichtigt dabei alle wichtigen Parameter: von den Baukosten über Termine, Gebäudewerte und Lebenszykluskosten bis hin zu Ökobilanzen bzw. CO2-Fußabdrücken.

Stefan Cadosch: "Mit unserem Tool ergeben sich enorme Einsparpotenziale im Hinblick auf eine optimierte Planung inklusive Lebenszyklus-Betrachtung." Zukünftig ist die Adaption des Tools auch für den deutschen Markt geplant.

"Erstmalig ist intellektuelle Leistung automatisierbar"

Zum Abschluss des ereignis- und lehrreichen Tages referierte Florian Scheible – Geschäftsführer von Schöne Neue Welt Ingenieure und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Digitalisierung/KI der Architektenkammer Berlin – über die Veränderungen durch KI im Berufsfeld des Architekten. "Erstmalig in der Geschichte ist intellektuelle Leistung automatisierbar", so der Experte.

Für die Arbeit des Architekten bedeute dies unter anderem eine Steigerung der Produktivität, neue Arbeitsweisen, die Erhöhung der Qualität und die Möglichkeit, Personalmangel auszugleichen. Risiken sieht Florian Scheible unter anderem bei Urheberrecht und geistigem Eigentum. Und auch die Reduktion von Kreativität und eine kulturelle und gestalterische Homogenisierung sei mit zunehmendem KI-Einsatz erwartbar. Ganz wichtig aber sein Fazit: "Der KI fehlt die Gefühlswelt, sie hat keine intrinsische Motivation. Das ist für die Bewertung der schöpferischen Leistungen wichtig." Und das ist dann letztendlich ein gutes Argument und "Daseinsberechtigung" für den Menschen.

Nach Ende des Fachprogramms nutzten die anwesenden Architekten, Planer und Fassadenexperten die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch untereinander und mit den NEXT Partnern – ein rundum gelungenes Expertenforum.


Weitere Informationen: www.next-studio.de

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