Blick in den vollen Saal im Bieler Kongresshaus. (Quelle: windays)

Blick in den vollen Saal im Bieler Kongresshaus. (Quelle: windays)

Windays 2017 - ein voller Erfolg

FASSADE - Aktuell

April 2017

Über 350 Teilnehmer trafen sich zur größten und wichtigsten Schweizer Veranstaltung der Fenster- und Fassadenbranche in Biel – den windays 2017.

An der zweisprachigen Tagung, die dieses Jahr zum achten Mal durchgeführt wurde, diskutierten Fachleute aus Praxis und Wissenschaft über die Zukunft der Branche und den Produktionsstandort Schweiz. Organisiert wurden die windays von der Berner Fachhochschule (BFH). Die Rekordteilnehmerzahl unterstreicht erneut die Wichtigkeit der windays als etablierten Treffpunkt der Fenster- und Fassadenbauer.

Zukunft der Fenster- und Fassadenbranche

Automatisierung, Building Information Modeling BIM, Kooperationen und neue Technologien: Die Zukunft der Fenster- und Fassadenbranche stand im Zentrum der diesjährigen windays. Wie es René Graf, Direktor des Departements Architektur, Holz und Bau der BFH in seiner Begrüssung mit Verweis auf ein Zitat von Albert Einstein formulierte: "Die Zukunft interessiert mich mehr als die Vergangenheit, weil in dieser Zukunft plane ich zu leben."

HandwerkWie diese am besten anzugehen sei, war auch Hauptthema an der hochkarätig besetzen Podiumsdiskussion zum Thema "Hochpreisland Schweiz – Visionen und Strategien der Fenster- und Fassadenbranche", einem Highlight zum Abschluss des ersten Tages. In den letzten Jahren hat sich die BFH zu einem Kompetenzzentrum für die Branche entwickelt. Sei dies mit der Erhebung von Marktdaten oder der Forschung und Entwicklung an neuen Technologien und Materialen in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Industrie.

Mit gebündelter, internationaler Branchenkompetenz durch die zwei Tage führten Gerald Feigenbutz, Geschäftsführer der RAL-Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme e.V. in Bonn, Karin Hauer von der Holzforschung Austria Wien, Ulrich Siebenrath von der ift Rosenheim und Christoph Rellstab, Leiter der Höheren Fachschule Holz der BFH in Biel.

Innovativ, regional und digitalisiert in die Zukunft

Dem langen Schatten der Aufhebung der Eurountergrenze vor rund zwei Jahren zum Trotz entwickelte sich die Branche weiterhin dynamisch. Hans Ruedi Schweizer, Präsident der Ernst Schweizer AG führte dazu während der Podiumsdiskussion aus: "Wir haben gemerkt, dass wir das, was wir schon aufgebaut haben, einfach noch viel konsequenter machen müssen: Mit unserem nachhaltigen Konzept nach vorne schauen, innovative Lösungen anbieten. Und eine digitalisierte Auftragsabwicklung sowie automatisierte Produktion sind zwingend, um wettbewerbsfähig zu bleiben." Auch das Thema Swissness wurde am Podium angesprochen. Alle Teilnehmer betrachteten es als Chance, weiterhin in der Schweiz zu produzieren.

Patrick Zwyssig, Mitinhaber und Geschäftsleiter S+B Baumanagement: "Ich stelle fest, dass in den letzten fünf Jahren eher wieder mehr Schweizer Produkte gewünscht werden von den Kunden. Das hat insbesondere auch mit der Qualität im Unterhalt zu tun." Bei der Frage nach dem Fenster der Zukunft waren sich die Teilnehmenden nur teilweise einig.

Während Patrick Zwyssig darauf hinwies, dass in Zukunft noch mehr Anforderungen im Element Fenster vereint werden sollen, hielt Samuel Lüscher fest, dass das Fenster sich nicht grundlegend ändere und auch künftig, gerade im kostengünstigeren Bauen, auch nicht automatisierte Fenster gewünscht werden. Aber aufgrund der immer grösseren Fenster müsse das Glas selber aktiver werden. Auch bezüglich BIM war die Frage umstritten: Wie schnell kommt die durchgängige, digitale Vernetzung wirklich für die Fenster- und Fassadenbranche?

Digitalisierung lässt sich nicht aufhalten

HandwerkDiesen Punkt griffen Thomas Rohner, Professor für BIM an der BFH und Prof. Dr. Michael Krödel, Professor für Gebäudetechnik und -automation an der Hochschule Rosenheim zum Abschluss der Tagung in ihren Referaten zur digitalen Vernetzung und Automation wieder auf. Beide hielten fest: Diese Entwicklung ist im Gange, und sie lässt sich nicht aufhalten. Rohner stellte dazu klar: Bei BIM steht der Mensch im Zentrum, nicht der Bauprozess.

Mit gewohnt lebhafter Rhetorik lobte er die Möglichkeiten der digitalen Vernetzung und hielt fest, dass 4.0 eben nicht nur eine digitale Verarbeitung von Daten, sondern eine intelligente Vernetzung der Systeme bedeutet. Krödel sieht eine Entwicklung vom Fenster vom mechanischem zum mechatronischen Element gegeben. Aber jede Automatisation müsse den Bedürfnissen unterschiedlicher Kunden angepasst werden – von der Smartphone bedienenden jüngeren bis zur älteren Generation, die eher eine traditionelle Anzeige wünscht.

Flexibles Gebäude der Zukunft

Birgit Neubauer-Letsch, Leiterin des Kompetenzbereich Marktforschung und Management der BFH, zeigte aktuelle Trends im Schweizer Bau- und Fenstermarkt auf. Die von der BFH erhobenen Zahlen dienen als Grundlage für strategische Entscheide. Neubauer-Letsch erläuterte den generell positiven Trend, ein gewisser Nachholbedarf ist spürbar, insbesondere im öffentlichen Bereich. Beim Wohnbau ist ein Trend zu grossen Projekten und grossen Bauten zu erkennen, ebenso kann eine Zunahme von Mischbauten konstatiert werden.

Umnutzungen von Gebäuden, besonders von Gewerbebauten, in Mischnutzungen mit Wohnraum werden wichtiger, die Zukunft könnte flexiblen Gebäuden gehören. Ebenfalls Bedarf gebe es beim preiswerten Wohnraum. Im Anschluss referierte Marco Ragonesi, Geschäftsleiter der RSP Bauphysik AG, zu neuen Normen und ihren Einfluss auf die Fenster- und Fassadenbranche. Ragonsi erläuterte unter anderem die Praxisuntauglichkeit der Beurteilung der Behaglichkeit infolge von Kaltluftabfall in der Norm SIA 180:2014. Er schlägt vor, die Randbedingungen objektspezifisch zu vereinbaren, etwa betreffend Turbulenzgrad.

Für Fenster fordert die SIA 380/1: 2016 weiter für den Einzelbauteilnachweis einen massiv tieferen U-Wert von 1.0 W/m2K. Dies kann nur noch mit 3-fach-Isoliergläsern erreicht werden. Momentan wird die Norm SIA 271 "Abdichtung von Hochbauten" überarbeitet. Hier ist zu erwarten, dass für den Anschluss an der Flachbedachung an Fenstertüren feuchtunempflindliche, nicht verrottbare Materialen gefordert werden.

Fenster ist Ferrari

"Das Fenster ist der Ferrari unter den Bauteilen", so läutete Peter Schober von der Holzforschung Austria sein Referat ein. "Fenstermontage erfordert von allen Beteiligten ein hohes Know-how, die hohen bauphysikalischen Anforderungen bedingen eine exakte Montage und die Bereitschaft zur branchenübergreifenden Zusammenarbeit", so Schober. Aus diesem Grund seien klare Regeln notwendig. In Österreich wurde mit der letzten Überarbeitung der Norm ein Paradigmenwechsel vollzogen. Hauptpunkte der Revision sind eine klare Definition der Leistungen und Verantwortlichkeiten und die Unterscheidung in Standard-Fenstereinbau und objektspezifischen Fenstereinbau.

HandwerkAusserdem ist ein dampfdiffusionstechnisch dichterer Anschluss an der Rauminnenseite, je nach Rahmenbedingungen, nicht mehr zwingend notwendig. Dieses neue Konzept soll dazu beitragen, die Fehlerquote beim Fenstereinbau zu reduzieren. Wie Schober festhält, beträgt diese auch in der Schweiz gemäss einer Studie der ETH rund 25 Prozent. Mehr Zusammenarbeit, gegenseitige Wertschätzung und immer konkrete Lösungen bringen – Adrian Schlumpf, Mitglied der Geschäftsleitung der swisswindows AG, äusserte sich zu den täglichen Herausforderungen der Montagemitarbeiter. Fenster seien das wahrscheinlich komplexeste Bauteil in einem Hochbauprojekt.

Aber: "Wenn ein Fenster schlecht montiert ist, ist es egal, wie gut es produziert wurde", so Schlumpf. Entsprechend wichtig sei die umfassende Schulung von Montagemitarbeitenden, ein kooperatives Verhalten auf der Baustelle und die Begeisterung der Kunden zu wecken, um in diesem Bereich schlussendlich auch mehr Geld verdienen zu können und Schäden zu verhindern.

Investieren in Personal und IT

Ein ausführlicher Block widmete sich am ersten Tag der windays der Frage, wie sich Fensterbauer fit machen für die Zukunft. Neben den Themen einer Kooperation von Holzbaubetrieben im Wallis und notwendigen Anpassungen bei der Einführung einer höheren Automatisierung, vorgestellt durch Jean-René Roh von der Dénériaz SA in Sion und Antione Vernez von der Oertle Werkzeuge AG, befasste sich als weiterer Referent Patrick Wissler, Geschäftsführer und Inhaber der Wissler Consulting GmbH, mit den noch brachliegenden Potentialen, um die Produktivität im Fensterbau weiter zu steigern.

In einem ersten Schritt zeigte Wissler auf, dass die Investitionen in der Produktion mit Abstand am teuersten sind, obgleich nur 25 Prozent der Wertschöpfung auf diesen Bereich fällt. Er schlägt deshalb vor, auch in andere Bereiche zu investieren – wo das Potential möglicherweise noch grösser ist.

Dazu gehören zum Beispiel der Bereich Personal, etwa die Datenverarbeitung und IT, oder die Weiterbildung von Projektleitern im Projektmanagement. Und schliesslich auch die gelebte Fehlerkultur: Werden Fehler gemeldet und behoben, statt unter den Teppich gekehrt, ist viel Geld zu sparen.

Technologien für das Fenster der Zukunft

Der zweite Tag der windays gehörte vollends der Zukunft – dem Fensterbau von morgen und den Technologien der Zukunft. Ein gut durchdachtes Produktportfolio, eine systemische Entwicklung der Fenstertechnik, eine optimierte, qualitativ hochstehende Montage, Planung und Logistik nach 4.0 – dies einige der Punkte, die Rolf Auer, Projektleiter der fensterinform gmbh, als wichtige Elemente des Fensterbaus von morgen nannte.

Urs Uehlinger, Leiter Kompetenzbereich Fenster-, Türen und Fassadentechnik der BFH stellte anschliessend ein KTI-Projekt vor, an dem die BFH zusammen der Firma nolax AG forscht und welches die Vorteile der Klebetechnik mit der traditionellen Verklotzung verbindet. Ziel des Projekts: Die herkömmlichen Holzbrücken aus Kunststoff oder Hartholz durch einen sehr schnell härtenden 2K-Klebstoff zu ersetzen und dadurch herkömmliche Fenstersysteme leistungsfähiger zu machen, Kosten bei Garantiearbeiten zu reduzieren und das Verklotzen zu automatisieren.

Ab 2018 sollen ausgewählte Pilotbetriebe mit Versuchen starten. In einem weiteren Referat wurden von Pierre Oliver Cuche, Geschäftsleiter der Solarwall SA in Bussigny. hochisolierende, transluzente Verglasungen mit Aerogel und ihre Anwendung vorgestellt. Olivia Bouvard vom LESO-PB der EPF Lausanne thematisierte elektrochrome Beschichtungen mit variabler Tönung für Gläser, in Glasoberfläche eingebaute "Mikrospiegel" für die Optimierung des Tageslichts oder farbiges Solarglas für die architektonische Integration von Photovoltaik und thermischen Sonnenkollektoren.

windays als wichtigste Plattform der Branche

Bereits im Grusswort von Emmanuel Chassot, Verantwortlicher Technik und Weiterbildung des FRECEM wurde klar: Die Zusammenarbeit mit der BFH ist sehr wichtig für die Branche. Dies betonte auch Josef Knill, Co-Präsident des FFF. Die Weiterentwicklung von Materialen und neue Materialkombinationen, Innovation generell, sei zentral für den Produktionsstandort Schweiz. Er betonte auch, dass die Rekordteilnehmerzahl von über 350 Personen aus der Branche die Wichtigkeit der windays unterstreiche.

Auch Aussteller äusserten sich positiv, so Konrad Arnold und Andreas Mosimann von der Sika Schweiz AG: "Die windays bieten eine Plattform zum Austausch und der Präsentation von neuen Produkten. Die Referate gehen in die Tiefe, man erhält ein abgerundetes Bild der nahen Zukunft und damit eine Grundlage für Entscheide, wie man den Markt bearbeiten will. Die BFH kann hier eine Schlüsselrolle einnehmen und ein Innovationstreiber sein, indem sie die verschiedenen Akteure zusammen bringt."

Die nächsten windays finden am 28. und 29. März 2019 in Biel statt. Weitere Informationen unter www.windays.ch.

Das könnte Sie auch interessieren: