Verbandsführung und Referenten bei der Jahrestagung 2016 der Deutschen Bauchemie in Bamberg (v.l.): Norbert Schröter, Michael Halstenberg, Prof. Dr. Christoph Schmidt, Dr. Johannes Gerster und Johann J. Köster (Quelle: Deutsche Bauchemie)

Deutsche Bauchemie präsentiert Jahresbericht

Für die rund 120 Delegierten der Deutschen Bauchemie war die novellierte Musterbauordnung (MBO), das zentrale Thema bei der Jahrestagung des Industrieverbandes in Bamberg.

Vorstandsvorsitzender Johann J. Köster und Hauptgeschäftsführer Norbert Schröter konnten zu Beginn der Tagung sechs neue Mitgliedsunternehmen im Verband begrüßen. Sie präsentierten zugleich den Jahresbericht 2016, der aufgrund der deutlich ausgeweiteten Aktivitäten des Verbandes einen neuen Rekordumfang erreicht hat.

"Diese Instanz muss in öffentlicher Hand bleiben"

In seiner Grundsatzrede warnte Vorstandsvorsitzender Johann J. Köster im Zusammenhang mit dem Zuzug vieler Flüchtlinge und dem notwendigen Bau von Wohnungen vor vermeintlichen Lösungen durch billig und schnell errichtete Häuser in Gewerbegebieten am Stadtrand: "Damit lassen sich keine nachhaltigen Effekte zur Bekämpfung der Wohnraumproblematik erzielen und den Menschen wird man damit auch nicht gerecht."

Mit Blick auf die Diskussionen um das Handelsabkommen TTIP betonte Köster den Nutzen für die eigene Branche: "Wir brauchen insbesondere für unsere komplexen bauchemischen Spezial-Produkte, wie z.B. Beschichtungen oder Abdichtungen, wirksame Fortschritte bei der Liberalisierung des Handels mit den USA als Instrument zur weiteren Öffnung der Märkte dort." Niedrigere Standards beim Umwelt- und Verbraucherschutz müssten vermieden werden, genauso wie die Etablierung privater Schiedsgerichte für Konzernklagen. "Diese Instanz muss in öffentlicher Hand bleiben" so Johann J. Köster.

Halstenberg erklärt die diffuse Situation

HandwerkDas zentrale Thema der Jahrestagung war die novellierte Musterbauordnung (MBO) mit der neuen Verwaltungsvorschrift "Technische Baubestimmungen" (VV TB) und dem geplanten Wegfall der Bauregelliste und des Ü-Zeichens. Johann J. Köster: "Letztendlich stellt sich dem Planer, dem Bauausführenden und dem Verwender von Bauprodukten die Frage, ob das Bauprodukt – z.B. die Bitumendickbeschichtung oder die Parkhausbeschichtung – tatsächlich geeignet ist, die an das Bauwerk gestellte Anforderung zu erfüllen." Die Deutsche Bauchemie hat hierzu ein mehrseitiges Positionspapier mit den Einschätzungen und Empfehlungen für unsere Mitgliedsunternehmen erstellt. Darin thematisiert der Verband Fragen, z.B.

• Wie können die geplanten freiwilligen, privatrechtlichen Nachweise – also Hersteller-Erklärungen - aussehen?

• Haben diese freiwilligen Nachweise, z.B. auch Gütezeichen, einen Bezug in den VV TB?

• Welche Schnittstellen sollten freiwillige nationale Hersteller-Erklärungen haben, sind diese Europa-konform oder führen sie doch wieder zu Handelshemmnissen und sind somit mit dem EuGH-Urteil nicht im Einklang?

Wie diffus sich die Situation derzeit darstellt machte im Vortragsteil der Jahrestagung der frühere Ministerialdirektor im Bauministerium Michael Halstenberg (HFK Rechtsanwälte, Düsseldorf) deutlich.

In seiner Beschreibung des Entwurfs der neuen MBO wies er auf etliche Unklarheiten bei Texten und Begriffen hin.An der VV TB kritisierte der erfahrene Baurechtsexperte u.a., dass die Texte oft nur eine Umschreibung der Bauregellisten darstellten, die Ausrichtung produktbezogen statt bauwerksbezogen sei und versteckte Anforderungen an harmonisierte Bauprodukte enthalte.

Prof. Dr. Schmidt präsentiert Gutachten

Teile der Anhänge zur VV TB widersprächen dem EuGH Urteil und stünden daher im Verdacht rechtswidrig zu sein, insbesondere bei den Anforderungen an bauliche Anlagen bezüglich des Gesundheitsschutzes (ABG) und der Auswirkungen auf Boden und Gewässer (ABuG). Halstenberg bezeichnete es als "absolut rätselhaft", wie unter diesen Umständen der 16. Oktober 2016 als Starttermin haltbar sei.

Eine aktualisierte Fassung zum Frühjahrsgutachten präsentierte anschließend Prof. Dr. Christoph Schmidt, Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) sowie Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

Arbeitslosenquote ist Schlüssel zum Erfolg

Das RWI hat die Wachstumsprognose beim Bruttoinlandsprodukt angehoben auf 1,7 Prozent. "Der Schlüssel zum Erfolg ist der stabile Arbeitsmarkt mit niedriger Arbeitslosenquote", so Prof. Schmidt. Seine Mittelfrist-Prognose bis 2020 beinhaltet ein Wachstum zwischen 1 Prozent und 1,5 Prozent. Der Volkswirt nannte aber auch als Begleitkriterien: "Das Klima für unternehmerisches Handeln bei uns muss besser, der Investitionsstandort Deutschland attraktiver gestaltet werden."

Im Abschlussvortrag stellte Dr. Johannes Gerster (CDU, MDB a.D.) die deutsche Asylpolitik auf den Prüfstand. Er forderte ein schlüssiges Zuwanderungskonzept und mehr finanzielle Mittel für das Management der Flüchtlingskrise, z.B. aus dem Solidaritätszuschlag. Sein Schlusswort: "Wir benötigen Integration – nicht Separation!" Die nächste Jahrestagung der Deutschen Bauchemie findet am 22./23. Juni 2017 in Lüneburg statt.

 

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