Im außergewöhnlichen Umfeld des Porsche Kundenzentrums tagten die rund 190 Fassadenexperten. (Foto: © FASSADE)

Im außergewöhnlichen Umfeld des Porsche Kundenzentrums tagten die rund 190 Fassadenexperten. (Foto: © FASSADE)

3. FORUM FASSADE: Digitalisierung im Blick

FASSADE - Aktuell

April 2019

Am 28. März 2019 hatten der Flachglas MarkenKreis und das Fachmagazin FASSADE gemeinsam zum 3. FORUM FASSADE nach Leipzig eingeladen.

Rund 190 Entscheider aus der Fassadenbranche – Planer, Metallbauer sowie Vertreter der Systemhäuser und Generalunternehmer – erlebten im außergewöhnlichen Ambiente des Porsche Kundenzentrums ein hochaktuelles Programm rund um die "Fassadenplanung der Zukunft"

Den Hintergrund der Themenwahl erläuterte Michael Scheer (Co-Geschäftsführer des Flachglas MarkenKreis) schon bei seinen einführenden Worten. "Die Architektur wird immer individueller, gleichzeitig sind immer höhere Anforderungen in puncto Bauphysik, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit zu erfüllen. Und über allem schwebt natürlich die Digitalisierung unserer Bauprozesse."

Wie werden also Fassadenplanung und Fassadenbau in der Zukunft aussehen? Diese spannende Frage wurde im Laufe des Tages von den Referenten aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet.

"Digitise or die"

Zum Start der von Martin Reick (Flachglas MarkenKreis) routiniert moderierten Tagung erwartete die Teilnehmer gleich ein Highlight: Jochen Wilms (W Ventures) warf einen Blick auf die digitale Globalisierung und die Konsequenzen für die Bauwirtschaft. Sein Credo: "Digitise or die". Die Digitalisierung komme unausweichlich und wer nicht mitziehe, werde nicht mehr lange überleben können.

HandwerkKooperationen, Netzwerke und Plattformen seien die Geschäftsmodelle der Zukunft – dies zeige die Entwicklung von US-Giganten wie Google, Facebook, Uber oder AirBnB so der Experte. Auch für die Bauindustrie – und somit die Fassadenbranche – forderte Jochen Wilms dieses "Plattform-Denken" und ein rasches Handeln: "Es geht jetzt um die richtige Strategie in einer digitalen Welt, denn finanzstarke Investoren aus den USA schauen sich die Baubranche derzeit bereits intensiv an und werden nach Europa kommen."

Auch Prof. Winfried Heusler (Schüco International) erwartet eine zunehmend schnellere Digitalisierung der Fassadenbranche und sieht den Schlüssel für den Erfolg in Kooperationen und der digitalen Transformation der Projektprozesse. In Zukunft – so der Experte in seinem Vortrag – würden Roboter immer mehr Bereiche von Fassadenplanung und Fassadenbau übernehmen. Die generische Planung werde dann unterstützt von Künstlicher Intelligenz (KI): "80 Prozent werden vom Rechner gemacht, aber immer noch 20 Prozent vom Menschen."

Veränderungen in Fassadenplanung und -bau

Im Anschluss skizzierte Jürgen Bezler (Ed. Züblin) die Veränderungen in Fassadenplanung und -bau in den letzten 15 Jahren aus Sicht des Generalunternehmers und machte diese anhand konkreter Projektbeispiele deutlich. Noch in 2003 sei die 2D-Planung normal gewesen, 2014 bereits die 3D-Planung. Und heute komme es vor allem auch auf die Vernetzung aller Bauabläufe an. Bei Züblin nutze man dazu bereits erfolgreich eine Collaborations-Software, die alle Dimensionen eines Bauprojekts abbilden kann.

Für die Zukunft sieht Jürgen Bezler unter anderem die Themen Lean-Construction in der Planung, Visualisierungen (z. B. Virtual Reality) und partnerschaftliche Projektabwicklungsmodelle als Erfolgsbausteine an. Fassadenberater und UBF-Mitglied Petar Reich (a..t..f..) berichtete von seinen langjährigen Praxiserfahrungen

Zudem stellte er fest: "Die Fassade wird immer komplexer und macht bis zu 25 Prozent der gesamten Baukosten aus, doch ihr Stellenwert ist immer noch zweitrangig." Sein Fazit: Bauabläufe lassen sich in Zukunft nur optimieren, wenn die Fassadenplanung viel frühzeitiger erfolgt und die Schlüsselgewerke frühzeitiger und vor allem partnerschaftlich zusammenarbeiten.

Reflektionen zu BIM aus der Fachwelt

HandwerkLars Anders (Priedemann Fassadenberatung) fragte in seinem Vortrag "Fassade, Glas und digitale Disruption": Zieht der Sturm an uns vorbei? Seine Antwort wurde schnell klar: "BIM ist eine längst überfällige Methode, um sich im Bauprozess ganzheitlich und gesamtverantwortlich mit einem Projekt zu beschäftigen."

Die Digitalisierung biete die Chance, Ergebnisse von Planung und Bauen für alle nachvollziehbarer zu machen, so der Experte. Anhand herausragender internationaler Fassadenbauprojekte zeigte Lars Anders auf, wie ein ganzheitlicher Bauprozess mit Unterstützung digitaler Tools in der Praxis aussehen kann.

Am Nachmittag ging es dann im Vortrag von Thorsten Förster (Drees & Sommer) um die Reflektionen zu BIM aus der Fachwelt. Dabei stellte der Fassadenplaner eine vom Redaktionsbeirat der Fachzeitschrift FASSADE – hier ist er selbst Mitglied – initiierte Marktabfrage zu wichtigen Fragen von BIM in der Fassadentechnik vor.

Rege Diskussion im Forum

Obwohl die Befragung nicht repräsentativ sei, ließen sich ein starkes Auseinandergehen der Meinungen sowie auch ein teils unterschiedliches Verständnis von BIM und dessen Chancen sowie Risiken feststellen, so der Experte. Aus der Präsentation ergab sich eine rege Diskussion im Forum. Wer teilt wann mit wem seine Projektdaten? Wer ist wann und wofür verantwortlich? Abschließende Antworten konnten auch die Teilnehmer nicht finden.

Zum Abschluss widmete sich Prof. Christian Niemöller (SNMG) den rechtlichen Aspekten von BIM und zeigte eindrucksvoll auf, dass sich mit BIM nicht nur ein Know-how-Transfer vollzieht, sondern auch ein völliger Kulturwandel in der Zusammenarbeit und der Abwicklung von Bauprojekten. Damit seien vielschichtige Herausforderungen verbunden.

Spannende Führung durch das Porsche Werk

HandwerkZum Beispiel betreffe das die Leistungsbeschreibungen, die Vertragsgestaltung ("Mehrparteienverträge"), Verantwortlichkeiten und Haftungsrisiken, die Urheberrechte sowie auch die Vergütung. Hier komme noch viel Arbeit auf die Baubeteiligten zu, so der renommierte Rechtsanwalt.

An das Fachprogramm schloss sich eine spannende Führung durch das beeindruckende Porsche Werk an. Dabei konnten die Teilnehmer einen Blick hinter die Kulissen werfen und erfuhren alles zur Herstellung der aktuellen Porsche-Modelle. Den Ausklang einer rundum gelungenen Veranstaltung bildete ein gemeinsames Abendessen im Porsche Kundenzentrum – hier nutzten die Teilnehmer die Chance zum ausgiebigen Networking.

Das 4. FORUM FASSADE findet im Frühjahr 2021 statt. Der Termin wird rechtzeitig bekanntgegeben.

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